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(1821 - 1824)



Im Gegensatz zu seinen letzten Klavierwerken, den Sonaten op. 109, 110, und 111, wie auch den Diabelli-Variationen, boten sich Beethoven durch die Komposition seiner letzten großen "öffentlichen" Werke, der Missa Solemnis und der Neunten Symphonie, eine letzte--wenn auch teilweise zögernd von ihm wahrgenommene--Gelegenheit, sich dem Wiener Publikum mit neuen Werken vorzustellen.

Anfang 1821 wohnte Beethoven noch in seiner Wohnung im Landstraßenviertel und arbeitete dort so fleissig an seinen Werken, wie es ihm seine Gesundheit erlaubte.  Die Allgemeine Musikalische Zeitung in Wien berichtete jedoch bereits am 10. Januar, dass Beethoven an einer fieberhaften Erkrankung litt.  Diese sollte sich bis zum März 1821 hinziehen. (Thayer: 775-776).

Seine von ihm zumindest in den Jahren 1804 - 1807 leidenschaftlich verehrte Freundin, Josephine von Stackelberg, geborene von Brunsvik und verwitwete von Deym, starb am 31. März 1821.

Als Beethoven sich am Anfang des Sommers nach Unterdöbling begab, erkrankte er an Gelbsucht.  Zur Genesung begab er sich im September nach Baden bei Wien.

Am 18. Juli schrieb er an den Erzherzog Rudolph und entschuldigte sich bei ihm dafür, dass er die große Messe aus Gesundheitsgründen noch nicht fertigstellen konnte.

Für den Rest dieses Jahres arbeitete Beethoven an der Fertigstellung der Klaviersonaten, op. 110 und op. 111, die er am 13. Januar 1822 vollenden konnte.

Anfang 1822 war Beethovens Anschrift Nr. 224, Hauptstraße Landstraße. Am 1. Januar ernannte ihn der Musikverein der Steiermark zum Ehrenmitglied, während er den 13. Januar als Fertigstellungsdatum auf seine Klaviersonate Nr. 32, op. 111, setzte.  Sein alter Bonner Freund und Kollege, Bernhard Romberg, hielt sich im Februar dieses Jahres zu Konzerten in Wien auf.  In seinem Brief vom 12. Februar an ihn entschuldigte sich Beethoven, dass er seinen Konzerten aufgrund seiner "saisonüblichen Ohrenschmerzen" nicht beiwohnen konnte..

Der Entwurf zur Missa Solemnis lag Anfang 1822 komplett vor, während die Originalpartitur gegen Ende dieses Jahres vorlag (Thayer: 784).

Beethoven korrespondierte 1822 in bezug auf die Missa Solemnis mit Nikolaus Simrock in Bonn, Franz Brentano/Frankfurt als Vermittler, mit Schlesinger in Berlin, mit Peters in Leipzig und mit Artaria in Wien.

Als Gründe für Beethovens "Massenvermarktungsstrategie" nennt Thayer die folgenden Gründe:

während er jedoch Beethoven damit nicht zu "entschuldigen" versucht.  Vielmehr weist Thayer darauf hin, dass Beethoven in diesem Punkt seinen eigenen ethischen Grundsätzen nicht ganz treu geblieben sei  [auch Cooper vertritt die Auffassung, dass ihm sein Verhalten in diesem Punkt nicht zur Ehre gereichte].

Beethoven verbrachte den Sommer in Oberdöbling, während er Erzherzog Rudolph dreimal wöchentlich besuchte.  Im Laufe dieses Jahres konnte er als Besucher den italienischen Opernkomonisten Rossini und Friedrich Rochlitz aus Leipzig begrüßen. Rochlitz übermittelte ihm eine Anfrage des Verlages Breitkopf & Härtel, eine Oper zu Goethes Faust zu schreiben (selbstverständlich handelte es sich hier um Faust I, da Faust II zum Einen noch nicht vorlag und sich zum Anderen wohl kaum zur dramatischen Verarbeitung in Opernform geeignet hätte).  

Während sich Beethoven im September in Baden aufhielt, schrieb er eine Ouvertüre für die Eröffnung des Josephstadt-Theaters. Meisl arbeitete dazu Kotzebues Text, Die Ruinen von Athen um in Die Weihe des Hauses. Diese Neubearbeitung wurde am 3. Oktober aufgeführt.

Im Herbst zog Beethoven aus seiner Wohnung im Landstraßenviertel um in die Windmühlenvorstadt, um in der Nähe seines Bruders Johann zu wohnen.  Johann begann zu dieser Zeit, sich um Beethovens Geschäftsangelegenheiten zu kümmern.  In der Zwischenzeit hatte der ehemalige Linzer Apotheker sich bereits seinen Gneixendorfer Wasserhof zugelegt, wo er meistens die Sommerzeit vertrachte.

Fidelio gelangte am 3. November 1822 zu einer Neuaufführung.  Beethoven wollte diese Vorstellung mit der Hilfe Umlaufs dirigieren.  Jedoch war seine Taubheit dafür bereits zu weit fortgeschritten.  Weitere Aufführungen fanden am 4. und 26. November, 2. und 17. Dezember 1822 und am 3. und 18. März 1823 statt.

Während Beethoven an seinen letzten Korrekturen zur Missa Solemnis arbeitete und während seine Arbeit an der Neunten Symphonie gegen Ende dieses Jahres Fortschritte machte, bestellte sich Fürst Gallitzin aus Rußland bei ihm am 22. November ein bis drei Streichquartette.  Am 25. Januar 1823 nahm Beethoven diesen Auftrag schriftlich an.

Thayer berichtet, dass die Missa Solemnis zu Anfang des Jahres 1823 fertiggestellt war und dass Beethoven an der Neunten Symphonie weiterarbeitete  (Thayer: 818). Die Partitur der Messe wurde Erzherzog Rudolph am 19. März 1823 überreicht.

Bereits Ende 1822 hatte sich Beethoven entschieden, die Missa nicht sofort zu veröffentlichen, sondern zuerst Subskriptionen an verschiedene europäische Herrscher zum Preis von je 50 Dukaten zu verkaufen.  Beethoven begann, diesbezügliche Einladgungen Ende Januar 1823 zu verschicken.  Hier sollte es genügen darauf hinzuweisen, dass zehn Herrscher das Werk bei ihm bestellten  (Thayer: 822).

Beethovens Hoffnungen, nach dem Tod des kaiserl. Hofkomponisten Anton Tayber im November 1822 zum Hofkomponisten ernannt zu werden, erfüllten sich nicht.  Es wurde kein neuer Hofkomponist eingestellt.

Am 6. Juli 1822 hatte Beethoven sich schriftlich bei seinem früheren Schüler Ferdinand Ries in London erkundigt, ob die Philharmonic Society seine Neunte Symphonie kaufen wolle.  Beethoven nahm das Angebot der Gesellschaft vom 15. November 1822 in seinem Schreiben an Ries vom 20. Dezember 1822 an und entschuldigte sich bei ihm in seinem Brief vom 5. Februar 1823, dass er die Partitur noch nicht abgeschickt hatte.

In seinem Schreiben vom 6. März 1823 an seinen Rechtsanwalt, Dr. Bach, erklärte Beethoven seinen Neffen Carl als seinen Alleinerben und ernannte Dr. Bach als Testamentsvollstrecker und bevollmächtigte ihn, für seinen Neffen eine Vormund zu bestellen, ausgenommen Johanna van Beethoven.





Beethoven im Jahr 1823


Der Czerny-Schüler,Franz Liszt, 11, wurde Beethoven etwa zu dieser Zeit vorgestellt. Thayer (846-847) geht in seinem Bericht darüber so weit, Liszts spätere, jedoch nicht durch andere Berichte bestätigte Erinnerungen zu zitieren, nach denen Beethoven auch das Konzert, in dem der Elfjährige auftrat, besucht habe und ihn danach hochgehoben und auf die Stirn geküsst habe.

Schuppanzigh kehrte nach einer Abwesenheit von sieben Jahren nach Wien zurück.  Am 4. Mai gab er ein Konzert.  Am 14. Juni versammelte sich das sogenannte Schppanzigh-Quartett wieder zu Proben, und zwar unter Beteiligung von Schuppanzigh, Holz, Weiss und Linke (Thayer: 853).

Beethoven verbrachte diesen Sommer in Hetzendorf. Während seines dortigen Aufenthalts in der Villa von Baron Müller-Pronay, arbeitete er an der Fertigstellung der Neunten Symphonie, hatte aber auch über Augenschmerzen zu klagen..

Carl Maria von Weber brachte Beethovens Fidelio in Dresden zur Aufführung.  Beethoven erhielt daraus eine Tantieme von 40 Dukaten von ihm.  Weber besuchte Beethoven auch in Baden bei Wien im September und wurde zu seiner Überraschung von Beethoven sehr herzlich empfangen.

Zu dieser Zeit hatte auch bereits Anton Schindler die Regelung von Beethovens Geschäftsangelegenheiten als unbezahlter Privatsekretär übernommen, während sich Johann van Beethoven und Graf Moritz Lichnowsky auch noch beratend daran beteiligten. Seine noch bestehenden Schulden Steiner & Co. gegenüber glich Beethoven durch den Verkauf einer Aktie aus.  Thayer erwähnt diese finanziellen Schwierigkeiten auch als Grund für Beethovens Subskriptionsplan in bezug auf die Missa Solemnis.

Gegen Ende dieses Jahres arbeitete Beethoven an der Fertigstellung der Neunten Symphonie, während er sich immer noch über Augenschmerzen zu beklagen hatte (dieser Zustand sollte bis Ende März 1824 andauern).  Schindler berichtet, dass die Neunte im Februar 1824 abgeschlossen war (Thayer: 886).

Um unseren Bericht zu Beethovens Aktivitäten des Jahres 1823 zum Abschluss zu bringen, sollten wir uns hier kurz auf seine andern Kompositionen und Pläne dieses Jahres konzentrieren:

--  Er sprach wieder von einer "zweiten Messe";

--  Er plante auch, eine neue Oper zu schreiben und suchte dazu nach einem klassischen Thema. Die am weitesten gediehene Zusammenarbeit war die mit Franz Grillparzer. Sie diskutierten als mögliche Themen die böhmische Legende Drahomira und Melusine. Grillparzer und Beethoven trafen sich mehrere Male in Hetzendorf, jedoch nahm Beethoven dann diesen Stoff nicht auf, während Grillparzer später die Ehre hatte, seine berühmte Beethoven-Grabrede zu schreiben;

--  Dieses Jahr sah auch die Vollendung der 33 Variationen zu einem Walzerthema von Anton Diabelli, und zwar im März oder April. Beethoven widmete sie Antonie Brentano.

In diesem Abschnitt werden wir Beethovens Leben bis einschliesslich der Uraufführung der Neunten im Mai 1824 und deren unmittelbaren Nachwirkungen behandeln. Anton Schindler, der in diesem Zusammenhang nicht nur ein Zeuge war, sondern auch sehr aktiv an den Vorbereitungen zur Uraufführung beteiligt war, dient uns hierzu als nicht zu übergehende Informationsquelle.

Von Beethoven wird berichtet, dass er zu dieser Zeit wenig Zutrauen zum Wiener Publikum hatte, das mit Vorliebe Rossinis Opern hörte. Das folgende Gespräch zwischen ihm und einer der beiden Sängerinnen der Uraufführung, Karoline Unger, wurde im zu dieser Zeit benutzten Konversationsheft festgehalten:

Karoline Unger: "Wann werden Sie Ihr Konzert geben?  Wenn man einmal vom Teufel besessen ist, kann man zufrieden sein."

--------"An einem Wochentag in der Fastenzeit, wenn drei oder vier stattfinden, wäre das beste."

--------"Wenn Sie das Konzert geben, garantiere ich dafür, dass das Haus voll sein wird."

--------"Sie haben zu wenig Selbstvertrauen.  Hat Ihnen nicht die Verehrung der ganzen Welt mehr Stolz gegeben? Wer spricht von Opposition?  Werden Sie nicht lernen daran zu glauben, dass jedermann sich danach sehnt, sie in ineuen Werken anzubeten?  O Halsstarrigkeit!"

Zu diesem Zeitpunkt erwog Beethoven sogar, die Werke in Berlin zur Uraufführung zu bringen. Als Beethovens Wiener Freunde davon hörten, richteten Sie eine Adresse mit der Bitte, die Werke bald in Wien herauszubringen, an Beethoven, die von vielen Mitgliedern der Wiener Gesellschaft unterzeichnet wurde.  Es wurde jedoch auch das Gerücht verbreitet, dass Beethoven diese Adresse selbst verursacht hatte.  Dies erweckte, wie man sich vorstellen kann, Beethovens Missfallen.  Als ihm jedoch die Adresse persönlich überreicht wurde, sah er sich dadurch doch bewogen, die Werke in Wien aufführen zu lassen.

Während die Wahl des Theaters diskutiert wurde, verhielt sich Beethoven zuerst zögernd und, als man ihn zu einer Entscheidung drängen wollte, wurde er wieder stur und hegte den Verdacht, dass man sich hinter seinem Rücken gegen ihn zusammengetan habe.  Im April entschied man sich dann endgültig für das Kaertnerthor-Theater,  mit Umlauf als Dirigent und Schuppanzigh als Konzertmeister. Der 7. Mai 1824 wurde als Premierendatum festgelegt.   Es sollten die Ouvertüre, op 124, die Missa Solemnis und die Neunte Symphonie zur Aufführung gelangen.  Da die Messe jedoch zu lang war, wurde entschieden, das Gloria  und das Sanctus wegzulassen.  Ein weiteres Hindernis war die Opposition der katholischen Kirche gegen die Aufführung einer Messe in einem öffentlichen Theater.  Beethoven schrieb an den Zensoren, Sartorius, dass die Stücke der Messe als Hymnen angekündigt werden sollten  (Thayer: 906). Obwohl dies fehlschlug, war dann eine weitere Eingabe beim Polizeipräsidenten (mit Hilfe von Graf Lichnowsky) erfolgreich.




Kärtnertor-Theater


Während der Proben in Beethovens Wohnung bat ihn Karoline Unger  ohne Erfolg, die weiblichen Stimmen in der Messe nicht so sehr zu belasten.  Ihr lakonischer Kommentar, den sie an ihre Mitsängerin Henriette Sonntag richtete, war:  "Nun, dann müssen wir uns halt im Namen Gottes weiter plagen!" (Thayer: 907).

Bei der letzten Probe am 6. Mai soll Beethoven beim Kyrie "dissolved in devotion and emotion" (vor Andacht und Emotionen aufgelöst) gewesen sein, und soll nach der Probe der Symphonie " . . . Embraced all the amateurs who had taken part" (alle mitwirkenden Laien umarmt haben) (Thayer: 907).

Während das Theater am 7. Mai voll war, blieb die kaiserliche Loge leer.  Die kaiserliche Familie hielt sich zu dieser Zeit nicht in Wien auf, und Erzherzog Rudolph war in Olmütz. Thayer berichtet, dass:

"The performance was far from perfect. There was a lack of homogenous power, a paucity of nuance, a poor distribution of lights and shades. Nevertheless, as strange as the music must have sounded to the audience, the impression which it made was profound, and the applause which it elicited enthusiastic to a degree. . . . At one point in the Scherzo, the Ritmo di battate, the listeners could scarcely restrain themselves, and it seemed as if a repetition then and there would be insisted upon. To this Beethoven, no doubt engrossed by the music which we was following in his mind, was oblivious. Either after the Scherzo or at the end of the Symphony, while Beethoven was still gazing at his score, Fräulein Unger, whose happiness can be imagined, plucked him by the sleeve and directed his attention to the clapping hands and waving hats and handkerchiefs. Then he turned to the audience and bowed" (Thayer: 909; "Thayer berichtet hier, dass die Aufführung keineswegs vollkommen war, dass ein Mangel an Homogenität herrschte, Nuancen nicht gut herausgearbeitet waren und "Licht und Schatten" schlecht verteilt gewesen seien, dass jedoch, so fremdartig die Musik dem Publikum vorgekommen sein mag, der Eindruck, den sie erweckte, sehr tief war und dass der Beifall, den sie hervorrief, bis zu einem gewissen Punkt begeistert gewesen sei. ... Thayer berichtet weiter, dass sich die Zuhörer beim Ritmo di battate im Scherzo der Symphonie kaum zurückhalten konnten, und dass es fast so schien, als sei sofort eine Wiederholung verlangt worden.  Von all dem soll Beethoven, der sich in die Musik vertieft hatte, nichts gemerkt haben.  Entweder nach dem Scherzo oder am Ende der Symphonie soll Karoline Unger ihn, während er noch in die Partitur versunken war, am Ärmel gezupft und haben, damit er den Applaus des Publikums entgegennehmen konnte.  Er habe sich dann umgedreht und die klatschende und Taschentücher schwenkende Menge gesehen und sich verbeugt).

Die darauf folgenden Konversationsbucheintragungen jener, die bei dieser Uraufführung anwesend waren, bestätigen Thayers Kommentar wie folgt:

"In meinem ganzen Leben habe ich noch sie so einen frenetischen und doch höflichen Applaus gehört."

--------"Der zweite Satz der Symphonie wurde einmal vollkommen durch den Applaus unterbrochen. ... Und eine Wiederholung wurde verlangt."

-------"Der Reaktion war als kaiserlich."

--------" . . . Denn der Applaus brach viermal stürmisch aus.  Zum Schluß gab es Vivat!-Rufe,"

--------"Als das Parkett zum fünftenmal in frenetischen Applaus ausbrach, schrie der Polizeikommissar 'Ruhe!'"

"Der Hof nur dreimal hintereinander, Beethoven aber fünftmal."

--------(Beethoven): "Mein Triumpf ist nun erreicht.  Jetzt kann ich aus meinem Herzen sprechen.  Gestern befürchtete ich im Stillen noch, dass die Messe verboten werden würde, da ich hörte, dass der Erzbischof dagegen protestiert hatte.  Zu guter Letzt hatte ich doch recht, nichts zum Polizekommissar zu sagen, bei Gott, es hätte geschehen können!"

Beethovens NeffeCarl sollte die Einnahmen im Beisein seines Onkels von der Theaterkasse abholen, da Beethoven ihn als Zeugen dabeihaben wollte.  Beethovens Anteil war sehr gering, nämlich nur 420 Gulden, von denen noch kleinere Unkosten bestritten werden mussten.   Bei dem Essen, zu dem Beethoven am nächsten Tag alle Freunde eingeladen hatte, die ihm bei den Vorbereitungen zu dieser Veranstaltung behilflich waren, eingeladen hatte, machte Beethoven seinem Ärger über seinen finanziellen Misserfolg in seiner eigenen temperamentvollen Art Luft.  Umlauf, Schuppanzigh und Schindler verliessen das 'gastliche Mahl' auf der Stelle.

Ein zweites Konzert fand am Sonntg, dem 23. Mai 1824 statt.  Da das Wetter jedoch sehr schön und warm war, war das Theater nur halb voll.  Duport, der Veranstaltungsleiter, musste ein Defizit von 800 Gulden einstecken, während Beethoven 500 Gulden garantiert waren.

In der Zwischenzeit hatte Beethoven eine Kopie der Neunten Symphonie an die Philharmonic Society in London abgeschickt und bestätigte den Empfang von 50 Britischen Pfunden am 24. April 1824.

Da weder grosse Geldgewinne noch die Erneuerung alter Freundschaftsbande das Endergebnis von Beethovens Bemühungen um die Komposition und Uraufführung dieser Werke waren, mag er sich vielleicht wieder einmal seine eigenen Gedanken zur Anwesenheit und Abwesenheit der reinen Freude in seinem Leben gemacht haben.  Vielleicht hat er aber doch seinen eigenen Aufschrei im Heiligenstädter Testament,

"...o wan, o wann, o Gottheit -- kann ich im Tempel der Natur und der Menschen ihn wieder fühlen -- nie -- nein -- es wäre zu hart",

auf die einzige ihm mögliche Art beantwortet, wie er bereits in seinem Brief an Wegeler im Jahr 1801 andeutete, dass er sich selbst und anderen Freude bringen könne:

"O glückseliger Augenblick, wie glücklich halte ich mich, daß ich dich herbeischaffen, dich selbst schaffen kann",

dass er also auf diese Weise sich am 7. Mai seinen eigenen Tag der Freude bereitete.

In diesem Zusammenhang fallen mir auch die Worte ein, die Schiller seinem Marquis de Posa im Don Carlos in den Mund legt, und die er ungefähr zur gleichen Zeit wie seine Ode an die Freude schrieb::

"Mir hat die Tugend eignen Wert.  Das Glück, das der Mensch mit meinen Händen pflanzte, erschüf ich selbst, und Freude wäre mir und eigne Wahl, was mir nur Pflicht sein sollte."