Ey! wie schmeckt der Coffee süße
Bachs Kaffeekantate BWV211 (1734):
Ein kleiner Ausflug in ihre Entstehungszeit...

 



Johann Sebastian Bach
Porträt von Haussmann, 1746

 

Trinken Sie auch gerne eine gute Tasse Kaffee? Dann sind sie hier in guter Gesellschaft!

Sowohl die Autorin dieser Website als auch deren Hauptkomponist Beethoven sind bzw. waren leidenschaftliche Kaffeetrinker. Während der sonst nicht sehr häusliche Rheinländer zeitgenössischen Berichten zufolge seinen Kaffee selbst gemahlt haben und dazu sorgfältig sechzig Bohnen pro Tasse ausgezählt haben soll, hielt jedoch nicht nur im Wien der Türkenbelagerung von 1683 der Kaffee seinen Einzug, sondern nicht lange danach, nämlich 1685, im Geburtsjahr Bachs (in Eisenach) auch in seinem späteren Wirkungskreis als Tomaskantor, in Leipzig.

Um Ihnen hierzu näheres berichten zu können, freue ich mich sehr, dass ich durch einen glücklichen Zufall auf ein reizendes Bändchen von Hans-Joachim Schulze (dem Direktor des Leipziger Bach-Archivs) mit dem Titel Ey! wie schmeckt der Coffee süße aus dem Jahr 1985 gestossen bin. (Alle Leser der Entstehungsgeschichte der Matthäuspassion werden sich daran erinnern, dass es Professor Schulze war, der mir freundlicherweise Einzelheiten in bezug auf das Uraufführungsjahr 1727 zukommen liess). In diesem wohl zum Bach-Jahr 1985 erschienenen Bändchen schreibt er:

".  .  .  1685 war für die Messemetropole Leipzig in mehrfacher Hinsicht ein Schicksalsjahr.  Nicht nur wurde im fernen Eisenach dem Stadtpfeifer Johann Ambrosius Bach ein achtes Kind beschert, das auf den Namen Johann Sebastian hörte (wenn es dazu aufgelegt war) und Jahrzehnte später dem Leipziger Rat, der Kirchenbehörde, den Ratsmusikern und den Chorschülern aus allerdings unterschiedlichen Gründen manches Kopfzerbrechen bereitete - 1685 soll auch die Geburtsstunde des ersten Leipziger Kaffeehauses geschlagen haben, des noch heute florierenden Lokals "Zum arabischen Coffee-Baum" (Schulze: 6 - 7).

Schulze berichtet weiter, dass der Kaffeegenuss im Leipzig der damaligen Zeit wie auch andernorts nicht nur zustimmende Verbreitung fand, sondern auch Widerstand, wie vonseiten jener Interessenkreise, die am weiteren Biergenuss breiter Bevölkerungskreise aus vielerlei Gesichtspunkten, nicht zuletzt steuerlichen, sehr interessiert waren. Teilweise, so Schulze, soll das Kaffeetrinken hier und da sogar auf Befehl des einen oder anderen deutschen Herrschers bei Strafe verboten gewesen sein und das Entstehen solch kurioser neuer Berufe wie den des überall herumschleichenden Kaffeeriechers begünstigt haben. Auch sollen die Kaffeehäuser als Lasterhöhlen, in denen das braune Gebräu von Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, die "nicht nur dazu" bereit waren, kredenzt worden sein. Nichtsdestotrotz setzte sich der Kaffeegenuss auch in bürgerlichen Kreisen durch. Zur Amstzeit Bachs als Thomaskantor sollen dann in Leipzig solche Etablissements wie das Richtersche und das Zimmermannsche Kaffeehaus  floriert haben.

 



Das Zimmermann'sche Kaffeehaus
Stich von Johann Georg Schreiber, 1712


Bevor wir uns jedoch wieder der Leipziger kulturellen und Kaffehausszene im allgemeinen zuwenden, sei es uns auch vergönnt, einen Blick in den Bach'schen Nachlass zu werfen, der laut Schulze auch folgendes enthielt:

" . . . 1 große Coffeekanne (wert) 19 Taler 12 Groschen, 1 ditto kleinere 10 Taler 20 Groschen, 1 Coffee-Teller 5 Taler 12 Groschen; An Kupffer und Meßing...: 1 meßingene Coffee Kanne, 1 ditto kleinere, 1 dito noch kleinere . . . " (Schulze: 40 - 41)

Zum Aufstieg der Leipziger Kaffehäuser vom vormaligen Stand der Lasterhöhlen zum musikalischen Treffpunkt führt Schulze eine Mitteilung aus einer 1736 in Leipzig erschienen Musikzeitschrift an, also zwei Jahre nach dem Entstehen der hier besprochenen Kaffeekantate:

"Die beyden öffentlichen Musikalischen Concerten, oder Zusammenkünffte, so hier wöchentlich gehalten werden, sind noch in beständigen Flor. Eines dirigiert der Hochfürstlich Weißenfelsische Capellmeister und Musik-Director in der Thomas- und Nikelskirchen allhier, Herr Johann Sebastian Bach, und wird außer der Messe alle Wochen einmahl, auf dem Zimmermannischen Caffee-Hauß in der Cather-Strae Freytag abends von 8 bi 10 Uhr, in der Messe aber die Woche zweymahl, Dienstags und Freytags zu eben der Zeit gehalten. Das andere dirigirt Herr Johann Gottlieb Görner, Musikdirektor in der Pauliner Kirche und Organist in der Thomaskirche . . . Die Glieder, so diese Musikalischen Concerten ausmachen, bestehen mehrentheils aus den allhier Studirenden, und sind immer gute Musici unter ihnen, so daß öffters, wie bekandt, nach der Zeit berühmte Virtuosen aus ihnen erwachsen. Es ist jedem Musico vergönnet, sich in diesen Musikalischen Concerten öffentlich hören zu lassen, und sind auch mehrentheils solche Zuhörer vorhanden, die den Werth eines geschickten Musici zu beurtheilen wissen" (Schulze: 27).

Aus diesen Einzelheiten können wir entnehmen, dass der damals etwa fünfzigjhrige Bach sowohl im eigenen Haushalt als auch in seiner nicht-Thomaner'schen musikalischen Tätigkeit in Leipzig von der Kaffeekultur umgeben war. Im zehnten Kapitel seiner neuen Bach-Biografie bietet Christoph Wolff einen guten Überblick über Bachs Tätigkeit als Direktor des bald nach ihm benannten Collegium Musicum, das er von etwa 1729 bis 1741, mit einigen Unterbrechungen, leitete. Als Laiin tue ich wahrscheinlich sehr gut daran, Ihnen Wolffs direkten Kommentar zu dieser Tätigkeit im Zusammenhang vorzustellen:

"Zweifellos stellte die Leitung des Collegiums eine größere Verpflichtung dar. Bach war nun zusätzlich zu seinen ständigen und regelmäßigen Aufgaben in der Kirchenmusik auch noch das ganze Jahr hindurch für die Organisation und Gestaltung einer wöchentlichen Konzertreihe verantwortlich. Das Programm dieser sogenannten "ordinairen Concerte", von den beiden Collegia der Stadt in gegenseitiger Abstimmung dargeboten, verdichtete sich durch zusätzliche Auftritte während der dreimal jährlich stattfindenden Handelsmessen (s. Tab. 10.2) noch weiter" (Wolff, deutsches Leseexemplar: 380).

Des weiteren führt Wolff in seiner Tabelle 10.2 genau die Aufführungszeiten der "Ordinairen Concerte" auf, und daraus wird ersichtlich, dass Bachs Collegium Musicum in der Regel im Zimmermannschen Kaffehaus in der Catharinenstraße oder im Zimmermannschen Kaffeegarten am Grimmschen Steinweg auftrat, whrend Görners Collegium Musicum in der Regel im Richterschen Kaffeehaus in der Clostergasse auftrat. Bachs Collegium trat im Winter jeden Freitag von 20-22 Uhr und zur Messezeit jeweils dienstags und freitags von 20 - 22 Uhr im Zimmermannschen Kaffeehaus und im Sommer jeweils mittwochs von 16 - 18 Uhr im Zimmermannschen Kaffeegarten auf, während Görners Collegium Musicum jeweils donnerstags von 20 - 22 Uhr, und zur Messezeit auch noch jeweils montags und dienstags von 20 - 22 Uhr im Richterschen Kaffeehaus auftrat.

Auch in bezug auf die Werke Bachs, die dort sehr wahrscheinlich zur Aufführung gelangten, bietet Wolffs Biografie zwei sehr hilfreiche Tabellen, deren Inhalt ich hier wiederum sinngemäß wiederzugeben versuche.

Wolffs Tablle 10.4 befasst sich mit der "Instrumentalen Ensemblemusik für die 'Ordinairen Concerte'" (Wolff, deutsches Leseexemplar: 386). Hierzu sei wegen deren geringerer Relevanz für diese kleine Ausführung nur mitgeteilt, dass Wolff hier drei Kategorien von Instrumentalwerken, nämlich Sonaten (von BWV 1023, der Sonate in e-Moll für Violine, Bc [von ihm mit Fragezeichen auf nach 1723 datiert] bis BWV 1031, der Sonate in Es-Dur für Cembalo und Flöte, deren früheste Abschrift er als auf 1746/49 datiert angibt; Konzerte mit BWV 1044, dem Concerto in a-Moll für Flöte, Violine, Cembalo, Streicher, Bc, auf 1729-174 datiert, bis BWV 1062, dem Concerto in c-Moll, für zwei Cembali und Streicher, BC, auf - 1736 datiert, und Suiten von BWV 1066, der Suite in C-Dur für zwei Oboen, Fagott, Streicher, Bc, auf - 1725 datiert bis BWV 1067, der Suite in h-Moll für Flöte, Streicher, Bc, auf -1738/39 datiert, einteilt.

Hier dürfen wir uns nun auch gleich der für uns relevanten Werkgattung zuwenden, den "Moralischen Kantaten" für die "Ordinairen Concerte", die Wolff in seiner Tabelle 10.3 auflistet, und diese Tabelle möchte ich nun doch "sinngemäß" vollständig zitieren:

BWV 204, Ich bin in mir vergnügt, datiert auf - 1726/27, eine Cantate "Von der Vergnügsamkeit" (Text: Christian Friedrich Hunold), BWV 201, Geschwinde, geschwinde, ihr wirbelnden Winde, auf 1729 datiert, ein Dramma per musica "Der Streit zwischen Phoebus und Pan" (Text: Picander), BWV 216A, Erwählte Pleißen-Stadt, auf 1729 mit Fragezeichen datiert, "Apollo und Merkur" [Über die Stadt der Gelehrsamkeit und des Handels], (Text: Christian Gottlob Meißner), und BWV 211, Schweigt stille, plaudert nicht, auf - 1734 datiert, Dramma per musica "Über den Caffee" (Text: Picander).

Nachdem wir nun Bachs Ausweitung seiner Leipziger Tätigkeiten vom Amt des Thomaskantors zum Musikdirektor des nach ihm benannten Collegium Musicum festgestellt haben, aber auch seine wohl weniger signifikante private und öffentliche "Einbindung" in die Leipziger "Kaffeekultur", können wir uns dem Thema des Librettos zuwenden.

Hiezu berichtet Schulze zunächst, dass bereits 1703 der französische Komponist Bernier eine Kantate mit dem Namen "Le Caffee" hatte drucken lassen, dass aber auch in Deutschland Autoren wie der Weissenfelser Joahann Gottfried Krause einen Kantatentext mit dem Titel "Lob des Coffee" 1716 in seinem "Ersten Bouquet Poetischer Blumen So wohl bey Freuden - als Trauer-Fällen, In müßgen Neben-Stunden An dem anmuthigen Saalen-Strande Abgebrochen" aufnahm, und der Schlesier Daniel Stoppe 1728 den Text zu seiner Coffee-Cantate drucken liess.

Wen wundert es da, dass auch Bachs eifriger Texlieferant Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, der Dichter des Texts der Matthäuspassion, just zur Zeit von deren sehr wahrscheinlicher Uraufführung im Jahre 1727 bereits im folgenden Text das Thema "Kaffee" aufgriff:

"hier ward vor wenigen Tagen
Ein Königlich Mandat ans Parlament geschlagen,
das hieß: Wir haben längst und leider wohl gespürt.
da bloß durch den Caffee sich mancher ruiniert.
Um diesem Unheil nun beizeiten vorzugehen,
soll niemand sich Caffee zu trinken unterstehen,
der König und sein Hof trinkt selben nur allein,
und andre sollen nicht dazu befuget sein.
Doch dann und wann wird man Permission ertheilen...
Drauf hörte man daselbst ein immerwährend Heulen;
ach! schrie das Weibesvolk, ach nehmt uns lieber Brod,
denn ohne den Cafee ist unser Leben todt.
Was wollen wir denn früh zum Morgenbrot genießen,
nun müssen wir die Zunft, Cafee zu trinken schließen;
wie öfters werden wir bey unsrer Einsamkeit
betrübt zurücke stehn; da war es gute Zeit,
da jene, die und ich vertraut zusammen kamen
und bey dem Lomber-Spiel ein Schälchen Kaffee nahmen.
Das alles aber brach doch nicht des Königs Sinn,
und kürzlich starb das Volk als wie die Fliegen hin.
Man trug, gleichwie zur Pest, so haufenweise zu Grabe
und nur das Weibesvolk nahm so erschchrecklich abe,
bis da man das Mandat zerrissen und zerstört,
so hat das Sterben in Frankreich aufgehört" (Schulze: 35 - 37).

Schulze beschreibt Picander als zwar schwächlich gebauten, jedoch emsig "dichtenden" Gelegenheitspoeten, der sich zuerst als Privatlehrer und Gelegenheitsdichter über Wasser hielt, ab 1727 aber das Amt eines Actuarius im Leipziger Ober-Post- Amt bekleidete, dabei zum Ober-Post-Commissarius aufrückte, ihm jedoch " . . . Im Jahr 1740 . . . die Kreyss-Land-Steuer - wie auch die Stadt-Tranck-Steuer-Einnahme zu Leipzig und die Wein-Inspektion ertheilet" (Schulze: 33) worden sei.

Aus obigem Text geht bereits hervor, daß sich Picander in bezug auf seine "Kaffee-Poesie" auf die Koffeinabhängigkeit des weiblichen Geschlechts konzentrierte. Dieser Tenor beherschte dann auch den Text seiner "Kaffeekantate" am Ende des dritten Teils seiner "Ernst- Scherzhafften und Satyrischen Gedichte" von 1732, von dem man Schulzes Bericht zufolge nicht genau weiß, ob diese Ausgabe ein Wiederdruck eines bereits früher entstandenen Texts war und ob er vielleicht schon von einem anderen Komponisten vertont wurde. Auch sei nicht bekannt, was Bach dann 1734 zur Komposition seiner Kantate bewog--ein Gelegenheitsauftrag, ein Wunsch seiner Freunder, oder gar eine "besser komponierte" Antwort auf einen vorherigen Versuch.

Stellen wir doch zunächst die drei darin agierenden Teilnehmer vor, nämlich den Erzähler, den Vater namens Schlendrian und seine Tochter Liesgen. Lassen Sie uns hier den Text in Abschnitten direkt aus Picanders Origialtext (aus: Picander, Ernst-Schertzhaffte und Satyrische Gedichte, Bd. 3, Leipzig 1732 - Universitätsbibliothek Leipzig) wiedergeben,

 



die vom Erzähler so eingeleitet wird:

"Schweigt stille, plaudert nicht!" Rezitativ

 



worauf Vater Schlendrians folgende Arie einsetzt:

 



Schlendrian fährt fort:

 


Darauf antwortet Liesgen:

 



Darauf folgt Liesgens Arie:

 



 


Arie: Ey! wie schmeckt der Coffe süße...



Vater Schlendrians Einwände dagegen führen zu diesem Streitgespräch:




Darauf setzt Vater Schlendrian mit seiner zweiten Arie ein:

 



 


Arie: Mädgen, die von harten Sinnen



Vater Schlendrian lässt auf seine zweite Arie einen weiteren Befehl folgen, und daraus ergibt sich der letzte Dialog der beiden:

 



Liesgens "zustimmende" Arie beschliesst Picanders Text:

 



Bach liess es jedoch nicht dabei bewenden. Er holte den Erzähler zu Hilfe und schrieb, so Schulze, aller Wahrscheinlichkeit nach selbst folgendes Rezitativ für ihn:

"Nun geht und sucht der alte Schlendrian,
wie er vor seine Tochter Liesgen
bald einen Mann verschaffen kann;
doch Liesgen streuet heimlich aus:
Kein Freier komm' mir in das Haus,
er hab es mir denn selbst versprochen
und rück es auch der Ehestiftung ein,
daß mir erlaubet möge sein,
den Coffee, wenn ich will, zu kochen" (Schulze: 61).

 



Rezitativ: "Nun geht und sucht..."


Diesem Rezitativ folgt ein Schlußsatz in Form eines liedhaften Terzetts:

"Die Katze läßt das Mausen nicht,
die Jungfern bleiben Coffeeschwestern.
Die Mutter liebt den Coffeebrauch,
die Großmama trank solchen auch,
wer will nun auf die Töchter lästern!" (Schulze: 62).

Dazu äussert sich Schulze wie folgt:

"Dieser etwas lang geratene Abgesang, ein liedhaftes Terzett mit Begleitung aller Instrumente, dem Tanzcharakter der Bouree nahestehend und durch originelle Dreitaktgruppen mit einem Stich ins Unkonventionelle versehen, schlägt mit den Kapriolen der konzertierenden Flöte nochmals die Brücke zu Liesgens Loblied auf ihr Leib- und Magengetränk. Somit wäre alles zum guten Ende gekommen - in Bachs Kantate" (Schulze: 62).

Abschließend hier noch zwei Anmerkungen. Zum Einen kommentierte Albert Schweitzer in seiner Bach-Biografie:

"Zu diesem Libretto hat Bach eine Musik geschrieben, hinter der man eher Offenbach als den alten Thomaskantor vermuten würde. Man könnte das Stück, so wie es ist, als einaktige Operette aufführen" (Schweitzer: 613).

Hierzu ist zu bemerken, dass sowohl Schweitzer (613) als auch Schulze auf folgende Frankfurter Ankündigung hinweisen:

" Dienstags, den 7. April wird ein fremder Musicus im Kaufhauß unter den Neuen Krämen ein Concert aufführen, in welchem unter Anderm der Schlendrian mit seiner Tochter Lissgen in einem Dramate wird gemacht werden" (Schulze: 67),

was sich auf das Jahr 1739 bezieht. Wie also bereits der Theologe und Organist Schweitzer anfangs des 20. Jahrhunderts darauf hinweisen konnte, hatte Bach auch noch eine andere Seite als seine streng musikalisch-geistliche Seite aufzuweisen. Diese als durchaus "frauenfreundlich" anzusehende Seite Bachs fand auch in Wolffs Biografie im Kapitel "Ein abgerichteter Singvogel und "Nelken für die Frau Liebste"" ihren Widerhall, wenn Wolff berichtet, dass Bach in seinem Brief vom Juni 1740 an Johann Georg Hille, den Kantor in Glaucha bei Halle, nachfragen lässt, ob ihm dieser nicht für seine Gattin einen von ihr wohl sehr gewünschten Singvogel gegen Bezahlung besorgen könnte, und sich nur wenige Monate später in einem Schreiben dankbar für ein wohl von ihm für seine Frau erbetenes Geschenk von Nelkenpflanzen bedankt, was Wolff aufgrund der Überschrift dieses Kapitels dazu veranlasste, dies wie folgt zu schließen:

"Und dennoch: Was uns heute als gänzlich unrealistische Arbeitslast erscheint, bot nicht nur Raum für unvergleichlich kreative Leistungen, sondern auch für solch zärtliche Aufmerksamkeiten wie die Besorgung eines Singvogels und von Nelken für die Frau Liebste" (Wolff, deutsches Lesseexemplar: 453).

Quellen:

Bach, Johann Sebastian.  BWV 211, Kantate "Schweigt stille, plaudert nicht!", CD. Bach-Kollegium, Stuttgart.  Leitung: Helmuth Rilling.  Christine Schäfer, Sopran, James Taylor, Tenor, Thomas Quasthoff, Bass.

Schulze, Hans-Joachim.   Ey! wie schmeckt der Coffee süße. Johann Sebastian Bachs Kaffee-Kantate in ihrer Zeit.   Leipzig: 1985, Verlag für die Frau.

Schweitzer, Albert. Johann Sebastian Bach. Leipgiz: 1954, VEB Breitkopf & Härtel.

Wolff, Christoph. Johann Sebastian Bach.  Frankfurt: 2000.  S. Fischer (Leseexemplar).



(Im Hintergrund sehen Sie das Innere eines zeitgenössischen Kaffeehauses.)