BEETHOVENS ERSTE SYMPHONIE
ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

op. 21, in C-Dur
1800 komponiert
Uraufführung: 2. April  1800
im Burgtheater in Wien
Baron Gottfried van Swieten gewidmet
1801 in Leipzig erschienen



 



Beethoven um 1800/1801
 



Inhalt:
Einleitung
Beethovens Weg zur Komposition seiner Ersten Symphonie
Entstehungsgeschichte der Ersten Symphonie
Erläuterungen zum musikalischen Aufbau der Ersten Symphonie
(aus: F.E. Kirby, An Introduction to Western Music)
Zur Uraufführung der Ersten Symphonie
Das Schicksal des Werks bis zu seiner Veröffentlichung
Zum weiteren Schicksal des Werks zu seinen Lebzeiten
Überleitung zur Entstehungsgeschichte der Zweiten Symphonie


Einleitung

In unserer kleinen Reise durch die Entwicklungsgeschichte der Symphonie bis zu Beethoven erfuhren wir, dass sie sich einerseits während des 18. Jahrhunderts zur wichtigsten Kompositionsgattung der Instrumentalmusik entwickelte, andererseits seit Beethoven aber auch als deren höchste Kompositionsgattung gilt.  

Aufgrund unserer Betrachtung wissen wir auch, dass Haydn und Mozart, auf der Arbeit vieler wichtiger Symphoniker des 18. Jahrhunderts aufbauend, wesentlich dazu beitrugen, dass die Symphonie am Ende des 18. Jahrhunderts als wichtigste Kompositionsgattung hervortrat.  

Aus Groves Bemerkung, dass sie seit Beethoven auch als die höchste Gattung der Instrumentalmusik gilt, können wir nichts anderes schließen, als dass er, auf Mozart und Haydn aufbauend, für diese Steigerung wesentlich mit verantwortlich ist.

Während uns zwar klar sein mag, dass Beethovens Weg dahin nicht erst mit der Komposition seiner ersten Symphonie begann, befassen wir uns nicht oft damit, diesen Weg genauer zu verfolgen.  Vielleicht wäre es daher einerseits sehr hilfreich, andererseits aber auch sehr interessant, Beethoven auf diesem Weg einmal aus unserer heutigen Sicht zu begleiten.

 

Beethovens Weg zur Komposition seiner Ersten Symphonie

Aus unseren Biographischen Seiten wissen wir, dass Beethoven unter Neefe begann, sich in der Komposition zu üben und dass er dabei auch in einigen Gattungen der Instrumentalmusik seine ersten kompositorischen Gehversuche machte, wie in Klaviervariationen, Klaviersonaten und weiteren Gattungen, aber noch nicht in der Symphonie.

Wir wissen auch, dass Neefe sich selbst im Kontrapunkt als nicht voll ausgebildet betrachtete und dass sich Beethoven erst während seiner Wiener Studienjahre von November 1792 bis März 1795 unter Haydn und Albrechtsberger dem Kontrapunktstudium widmete.

Wäre daraus zu schließen, dass er vor Abschluss dieses Studiums noch keinerlei Kompositionsversuche in bezug auf eine Symphonie unternahm?  Ohne weitere Anregung von aussen in Gestalt eines überragenden Vorbilds und von innen in Form eines für seine persönliche Entwicklung gravierenden Ereignisses wäre die Beantwortung dieser Frage mit "ja" die einzig logische Schlussfolgerung.

 



Mozart im Jahr 1788
 

Aus unseren Biographischen Seiten wissen wir jedoch, dass er sich im April 1787 auf den Weg nach Wien machte, um  sich dort sehr wahrscheinlich unter Mozart weiterzubilden.  Wir wissen auch, wie kurz dieser Aufenthalt war und warum.  Anstatt jedoch hier unsere eigenen Vermutungen weiterzuspinnen, sollten wir vielleicht den Beethoven-Forscher Barry Cooper zu Wort kommen lassen:

"Whether Beethoven gained much from his brief encounter with Mozart is uncertain.  Did he resolve to write a grand symphony, a new piano concerto, as a result of the meeting:  And what about Mozart?  Was his next work, the String Quintet in G minor (K. 516, completed in May), written in an ultra-serious vein due to his encounter with this earnest, forceful youth; and did he venture into the remote key of E flat minor in both the first and third movements of the quintet after being struck by Beethoven's impressive quartet movement in that key?  Whatever their cause, all these effects can certainly be observed.

The new symphony was to be in C minor, the same key as the Dressler Variations.  (If Rovantini was commemorated in the variations, then surely nothing less than a symphony would suffice for Beethoven's own mother.) All that survives is a single draft on two staves, headed 'Sinfonia' and 'presto', which progresses till nearly the end of the exposition before petering out into short sketches.(13)  [(13) 'Kafka' Miscellany (SV 185), f. 70.  See Kerman ed., Miscellany, ii. 175-6, for a complete transcription.] Its date is uncertain, but the handwriting is in a transitional form that strongly suggests it comes from this dark age between 1786 and 1790.(14)" (Cooper:  22 - 23).

-- Cooper schreibt, dass nicht sicher ist, ob Beethoven aus seiner kurzen Begegnung mit Mozart viel gewann.  Er fragt sich weiter, ob Beethoven sich aufgrund dieser Begegnung eventuell entschloss, eine große Symphonie oder ein neues Klavierkonzert zu schreiben.  Andererseits fragt sich Cooper auch, welchen Einfluss Beethoven auf Mozart gehabt haben mag und ob Mozarts nächstes Werk, sein g-Moll-Streichquartett, KV516, das er im Mai 1787 vollendete und das in einem 'ultra'-ernsten Stil geschrieben sei, auf seine Begegnung mit dem kraftvollen, ernsten Jüngling zurückzuführen sei und ob er im ersten und dritten Satz des Quintetts in die seltene es-Moll-Tonart fiel, nachdem er vielleicht Beethovens eindrucksvollen Quartettsatz in dieser Tonart kennenlernte.  Während Cooper zugibt, dass dies nicht eindeutig festzustellen sei, stellt er doch diese Tatsachen zur Diskussion.  Er fährt danach damit fort darauf hinzuweisen, dass Beethoven eine neue Symphonie in c-Moll plante, also in der selben Tonart wie seine Dressler-Variationen, die er seiner Meinung nach anlässlich des Todes seines Cousins Franz Rovantini schrieb.  Cooper fährt fort, dass, falls Variationen im Todesfall seines Cousins angemessen waren, für ein Werk anlässlich des Todes seiner Mutter nichts anderes als eine Symphonie bedeutend genug sein würde.  Alles, was davon erhalten ist, berichtet Cooper, ist eine einzige Skizze auf zwei Zeilen mit dem Titel 'Sinfonia' und 'presto', die bis zum Ende der Exposition führt, bevor sie in kurzen Notizen endet.  Unter (13) verweist Cooper auf seine Quellen.  Zum Schluss weist er noch darauf hin, dass das genaue Entstehungsdatum dieser Skizze nicht sicher ist, dass aber Beethovens Handschrift darauf hinweist, dass sie aus seinen 'dunklen' Jahren von 1786 bis 1790 stammen sollte.

Im Zusammenhang mit der Datierung dieses Entwurfs verweist Cooper auf  Johnson, Beethoven's Early Sketches, i. 222:.

"Beethoven's piano quartet movement in E flat minor was still very much in his mind when he began this symphony, for the first nine notes of its opening theme are identical apart from their key.  This is the first of many cases where he effectively discarded an earlier work, and then used it as a repository of material for new ones (the C major Quartet, WoO 36 No. 3, was to be used in a similar way).  Beethoven evidently realized that the quartet as a whole was too close to Mozart to permit publication, and yet it contained some music that was too good to be wasted.

What is striking about the quartet movement and the symphony draft is the way the same opening theme is subsequently handled.  As a genre, the symphony had developed into a grand, public form in which, especially with the Mannheim school of composers, the emphasis was on continual development and transition, even within the exposition, so as to create a broad sweep in the music; the sonata and quartet, by contrast, tended to concentrate on building a series of small motifs connected much more loosely.  The movement in E flat minor was actually the most 'symphonic' among Beethoven's childhood works (which is probably why he chose it as the basis for his first symphony draft), but the development of the main theme is much tighter and more rigorous still in the symphony draft.  During the transition before the second subject, for example, the main theme (Ex. 2.2a) is fragmented, developed, heard in sequence, and thoroughly 'explored' (Ex 2.2b) in a manner that was to become so characteristic of the Beethoven style.  Even in the contrasting second subject, which makes use of a descending scalic figure, the arpeggio shape of the first subject is very conspicuous in augmentation in the bass line, heightening the sense of continuity and unity.  The cohesion and the skill at motivic development evident here show a remarkable advance on his earlier music, and if the movement was ever completed, it must have seemed an outstanding achievement to those in the Bonn court."  

-- Johnson geht hier darauf ein, dass Beethoven beim diesem ersten symphonischen Entwurf noch sehr unter dem Einfluss seines eigenen Klavier-Quartettsatzes in es-Moll gestanden haben muss, da die ersten neun Noten des einleitenden Themas identisch, jedoch in einer anderen Tonart, seien und beschreibt dies als erstes Beispiel vieler noch folgender Fälle, in denen Beethoven ein früheres Werk verwarf und es dann als Material für weitere Werke verwendete.  Er räumt danach ein, dass Beethoven sich wohl bewusst gewesen sein musste, dass sein Quartettsatz Mozarts Stil zu ähnlich gewesen sei, um diesen zu veröffentlichen, und doch enthielt er Material, das zu gut war, um es ganz zu verwerfen.  Johnson weist weiter darauf hin, dass die Art, in der Beethoven das selbe Einleitungsthema in beiden Werken behandelte, sehr bemerkenswert sei.  Auf der einen Seite habe sich die Symphonie besonders in der Mannheimer Schule in eine grosse, öffentliche Kompositionsform entwickelt, deren Hauptaugenmerk auf kontinuierlicher Entwicklung und kontinuierlichen Übergängen lag, und das auch innerhalb der Exposition, um der Musik Breite zu verleihen; auf der anderen Seite habe sich die Sonate und das Quartett darauf konzentriert, eine Reihenfolge von kleinen Motiven zu entwickeln, die viel lockerer miteinander verbunden waren.  Johnson beschreibt dann Beethovens Quartettsatz in es-Moll als das 'symphonischste' Werk unter Beethovens Jugendwerken, weswegen er es wohl als Ausgangspunkt für seine erste Symphonie verwendete.  Jedoch sei Beethovens Entwicklung des Haptthemas im Symphonie-Entwurf viel zusammengefasster und strenger.  Abschliessend weist Johnson darauf hin, dass dieser Entwurf in Beethovens Entwicklung einen bemerkenswerten Fortschritt im Gegensatz zu seiner früheren Musik darstelle und dass, falls er diesen Satz fertiggestellt hatte, dieser auch am Bonner Hof als wichtiger Erfolg zur Kenntnis genommen worden sein muss. 

Hören Sie sich bei 'The Unheard Beethoven' Midi-Dateien dieses Werks an
und lesen Sie den einleitenden Kommentar dazu.

Dass Beethoven dann nach Abschluss seines Kontrpunktstudiums unter Haydn und Albrechtsberger im Frühjahr 1795 nicht lange mit weiteren symphonischen Gehversuchen auf sich warten lassen würde, ist aufgrund seines vorkonrapunktischen Versuchs sicherlich nicht überraschend, obwohl es sich hier wiederum um Versuche und noch nicht um fertiggestellte Werke handelte.  Hierzu berichtet zum einen Barry Cooper, dass Beethoven während seines Aufenthalts in Berlin im Jahr 1796 "also expended much effort on the Symphony in C major that he had been sketching the previous year"   (Cooper: 67).  Als Quelle verweist Cooper wiederum auf Johnson, Beethoven's Early Sketches, i. 461-9, lehnt aber Johnsons Vermutung, dass er dieses Werk in Berlin aufführen wollte und es, als sich diese Pläne nicht verwirklichen liessen, wieder fallen ließ, ab. Zu diesem Versuch schreibt er weiter:

"This was his most substantial composition to date, although it is among the least familiar. He had already drafted a complete slow introduction and exposition for the first movement while in Vienna, and had even begun a full score; he then  took the sketches with him to Berlin and continued working on the symphony when not occupied with other compositions. Progress remained slow and deliberate, however, and he made very substantial changes in Berlin. Instead of continuing with his full score and sketching the rest of the movement, he went back to the beginning, making at least three more drafts for the introduction and two for the exposition on paper acquired in Berlin. The introduction drafts contain almost entirely new material, while the exposition drafts differ radically from earlier ones in some places. He could not have afforded such slow progress and so much retracing of his steps if he were trying to complete the work in a matter of weeks for a performance deadline in Berlin. Thus it must be concluded that the symphony was being composed as a result of ambition rather than commission--ambition to conquer the greatest instrumental genre of all. Although the symphony remained unfinished in this form, it was one of his most significant creations of the 1790's in terms of his development as a composer and the amount of effort expended, and it came tantalisingly close to completion.

In the later sketches the main theme of the Allegro uses a rapid scale (Ex. 5.3) which, as often noted, was eventually used in the finale of his First Symphony. The introduction at one stage began with the rising figure C-E-A-D played as a series of detached chords, but in the latest sketches these are joined together to form a scale that staggers slowly upwards (Ex. 5.4), foreshadowing but contrasting with the main Allegro theme. Shortly before the second subject, in G, there is a sudden modulation to E flat major (a procedure already used in the C major piano concerto), with the melody again based on a rising scale; and towards the end of the exposition there is a brief excursion to A flat major, recalling a similar modulation in the introduction. Thus the exposition combines tonal variety with much motivic cohesion; but even in the latest sketches it still seems somewhat bland and diffuse in places, and in need of further work.

Sketches also survive of parts of the development and most of the coda, indicating that Beethoven may well have completed the movement (since surviving sketches often represent only a small part of the total amount of sketching done). This hypothesis is supported by the survival of an extended draft summarizing the whole of an ensuing slow movement, since Beethoven normally worked on movements in the intended order of performance. This Andante draft is in E major, like the slow movement of the C major Piano Sonata (Op. 2 No. 3) completed the previous year, thus demonstrating Beethoven's continuing interest in the relationship between these two keys (an interest that re-emerged in several later works). However, he then added an instruction to transpose the Andante to F major, and jotted down a few more sketches for this version. He also wrote an extended draft for a minuet and trio, and some brief ideas for the finale, all on paper from Berlin. Thus by the time he left Berlin he had all the main ingredients for the first three movements, needing only to polish them up and to solve the problem of what do do in the finale. These matters continued to occupy him after his return to Vienna" (Cooper: 67)

Cooper schreibt hier, dass es sich hier um Beethovens gewichtigste Komposition handelte, die er bis dahin geschaffen hatte, obwohl sie die am wenigsten bekannteste sei.  Beethoven habe bereits in Wien eine komplette langsame Einleitung und Exposition für den ersten Satz geschrieben, habe auch an der Partitur zu arbeiten begonnen und habe das Material dann mit auf Reisen genommen, wo er sich in Berlin damit befasste, wann immer es seine Zeit erlaubte.  Jedoch sei er damit nur langsam vorangekommen, und er habe auch wesentliche Veränderungen daran vorgenommen.  Anstatt jedoch an der Partitur weiterzuarbeiten und den ersten Satz fertig zu komponieren, habe er sich wieder der Einleitung zugewendet und habe mindestens drei weitere Skizzen  zur Einleitung und zwei zur Exposition angefertigt, und zwar auf Papier, das er in Berlin erworben habe.  Die Entwürfe zur Einleitung enthalten laut Cooper fast lauter neues Material, während die Expositionsentwürfe sich stellenweise radikal von den früheren Entwürfen unterschieden.  Cooper argumentiert, dass es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass Beethoven bei dieser langsamen Arbeitsmethode an eine Aufführung dieses Werks in Berlin dachte.   Cooper schließt daraus, dass Beethoven an diesen Entwürfen aus Ambition arbeitete und nicht aufgrund eines konkreten Auftrags, nämlich seiner Ambition, diese wichtigste Kompositionsgattung der Instrumentalmusik meistern zu lernen.  Obwohl die Symphonie in dieser Form nicht vollendet wurde, gelte sie als eine seiner beachtlichsten Kompositionen der 1790-er Jahre in bezug auf seine Entwicklung als Komponist und in bezug auf die Energie, die er darauf verwendet habe.

Cooper erklärt weiter, dass das Hauptthema des Allegros in den späteren Entwürfen eine schnelle Tonleiter anwende die, wie oft bemerkt worden sei, später im Finale seiner Ersten Symphonie verwendet worden sei.  Während eines gewissen Zeitpunkts in der Entwicklung dieser Entwürfe habe die Einleitung mit der aufsteigenden C-E-A-D-Figur begonnen, die als eine Reihe von voneinander abgegrennten Akkorden zu spielen seien, aber im letzten Entwurf seien diese zusammengefasst, um eine Tonleiter zu ergeben, die langsam aufsteige, die das Hauptthema des Allegros ankündige, aber mit ihm kontrastiere. Kurz vor dem zweiten Gegenstand in G-Dur erscheine eine überraschende Es-Dur-Modulation (wie er dies bereits in seinem C-Dur-Klavierkonzert getan habe), wobei die Melodie wieder auf einer aufsteigenden Tonleiter aufgebaut sei, und gegen Ende der Exposition begebe sich Beethoven kurz in die A-Dur-Tonart, die eine ähnliche Modulation der Einleitung bringt.   Somit verbindet laut Cooper die Exposition tonale Vielfalt mit motivischem Zusammenhang, aber selbst in den letzten Skizzen erscheine dies hier und dort etwas blass und würde weitere Bearbeitung erforderlich machen.

Cooper schreibt weiter, dass auch Sizzen zur Entwicklung und zur Coda überliefert seien, was darauf hinweise, dass Beethoven den ersten Satz vielleicht fertiggestellt hat, da ja überlieferte Entwürfe oft nur ein Bruchteil dessen seien, was an wirklicher Arbeit vorlag.   Cooper argumentiert, dass seine Annahme dadurch unterstützt wird, dass auch ein ausführlicher Entwurf zu einem folgenden langsamen Satz überlebt habe, da Beethoven normalerweise an den Sätzen seiner Werke in der Reihenfolge ihrer Aufführung arbeitete.  Dieser Andante-Entwurf sei in E-Dur, wie der langsame Satz seiner C-Dur-Klaviersonate, op. 2, Nr. 3, die er im Jahr zuvor fertiggestellt habe.  Dies weise auf Beethovens weiteres Interesse an .der Beziehung dieser beiden Tonarten hin (ein Interesse, das laut Cooper auch in seinen späteren Werken wieder auftauche).  Jedoch habe er dann eine Anleitung hinzugesetzt, derzufolge das Andante in die  F-Dur Tonart umzuschreiben sei und habe sich dazu noch einige Notizen gemacht.  Er habe auch einen ausführlichen Entwurf für ein Menuett und ein Trio gemacht, und einige kurze Notizen zu Ideen für den Schlußsatz, und das alles auf Papier, das er in Berlin erworben habe.  Daher habe er Berlin mit den wichtigsten Bestandteilen der ersten drei Sätze zu Papier gebracht verlassen, die eigentlich nur noch verbessert und ausgearbeitet werden mussten, so dass er sich dann nur noch eine passende Lösung für den Schlußsatz hätte erarbeiten müssen, und alle diese Dinge hätten ihn nach seiner Rückkehr nach Wien beschäftigt.

(Die ausgezeichnete Website "The Unheard Beethoven" wiederum bietet Information und zwei Midi-Dateien zu einem langsamen Satz in E-Dur für eine Symphonie an, wobei die Frage gestellt wird, ob dieser Entwurf eventuell auch im Jahr 1796 entstanden sein mag. Lesen Sie den dortigen Kommentar und hören Sie sich Beethovens Originalversion dazu an!)

Wenn wir hier wieder zum Schluss dessen zurückkehren, was Coopers Ausführungen und seine Quellen uns in bezug auf Beethovens Symphonieversuche von 1795 - 1796 übermitteln, sehen wir Beethoven nach seiner Rückkehr nach Wien vor das Problem gestellt, für diesen von Cooper diskutierten Symphonieversuch eine passende Lösung für den Schlußsatz zu finden.  Da dieser Versuch jedoch nicht zu Beethovens Fertigstellung dieser Symphonie mit einer Lösung für das Finale führte, müssen wir annehmen, dass er sich diese zu dieser Zeit nicht erarbeiten konnte.

Allzu gewagt wäre es für uns, uns von unserem Laienstandpunkt aus einen uns logisch erscheinenden 'Reim' auf die weitere Entwicklung seines Lebens während der folgenden Jahre, nämlich 1797 - 1799, und den Platz, den sein bewusstes oder unbewusstes weiteres Streben nach einer solchen "symphonischen Lösung" darin einnahm, zu machen.

Denken wir stattdessen ganz bescheiden an diese äusseren Lebensumstände zurück und nehmen wir den Faden seiner "symphonischen" Weiterentwicklung darin dort wieder auf, wo uns dies im chronologischen Zusammenhang wieder möglich sein wird.

Aus unserern Biographischen Seiten blickt uns einerseits der erfolgreiche junge Komponist und Klaviervirtuose entgegen, aber auch jener Beethoven, der irgendwann in dieser Zeit begonnen haben muss, sich im Stillen Sorgen zu machen über den Einsatz seines Gehörverlusts.  Es ist die Verbindung beider Elemente in einem Künstler, die uns spätestens in den letzten zwei Jahren des 18. Jahrhunderts zu seiner erneuten symphonischen Tätigkeit hinführt.

 

Entstehungsgeschichte der Ersten Symphonie

Dazu schreibt Cooper:

"Beethoven's compositional development in the last two years of the eighteenth century was dominated by his first achievements in what he regarded as the two noblest and most elevated forms of instrumental music--the string quartet and the symphony.  These two genres had been raised to pre-eminence by Haydn above all.  . . .  Meanwhile the symphony, as mentioned earlier, had become a grand, public display of compositional craft in which motivic development and continuity on a large scale were prime elements.  Thus a serious composer such as Beethoven could not approach either genre without due preparation if he hoped to succeed at the highest artistic level rather than produce mere works of entertainment.  Here it was a question of inheriting Haydn's spirit more than Mozart's (although the situation is complicated by the fact that Mozart's later quartets and symphonies were partly inspired by Haydn's example.)  All Beethoven's major instrumental works of the earlier 1790s can be seen as part of that preparation; so too can his contrapuntal exercises for string quartet (Hess 30-1) written under Albrechtsberger's tutelage, and his symphony sketches of 1795-7.  By mid-1800 both genres had finally been mastered, with the six quartets of Op. 18 and the First Symphony, although actual publication of the works was at least a year later.  Beethoven once reportedly stated that he had never learned an enormous amount from Haydn; but these works demonstrate that he had certainly learned an enormous amount from Haydn's music" (Cooper: 78)

-- Cooper schreibt hier, dass Beethovens kompositorische Entwicklung während der letzten beiden Jahre des 18. Jahrhunderts von seinen Forstschritten auf dem Gebiet gekennzeichnet wurde, das er als die edelsten Formen der Instrumentalmusik betrachtete, nämlich dem des Streichquartetts und der Symphonie.  Diese zwei Genres, fährt Cooper fort, seien vor allem durch Haydn in jene Höhen emporgetragen worden.  In der Zwischenzeit habe sich die Symphonie zu einer glanzvollen öttentlichen Zurschaustellung kompositorischer Meisterschaft entwickelt, in der motivische Entwicklung und breit angelegte Kontinuität die Hauptelemente geworden seien.  Daher konnte ein Komponist wie Beethoven beide Genres, nämlich das des Streichquartetts und das der Symphonie, nicht ohne gründliche Vorbereitung zu meistern versuchen, um darin höchste Leistungen erzielen; andernfalls hätte er höchstens Werke zur reinen Unterhaltung liefern können.  Hier, argumentiert Cooper, sei es für Beethoven wichtiger gewesen, Haydns Geist zu erben als Mozarts, obwohl auch Mozarts letzte Instrumentalwerke von Haydn beeinflusst waren.  Cooper erachtet alle wichtigen beethoven'schen Instrumentalwerke der 1790-er Jahre als Teil seiner Vorbereitung, aber auch seine hier bereits diskutierten Symphonieentwürfe von 1795 - 1797. Im Sommer 1800 habe er beide Gattungen, die des Streichquartetts und die der Symphonie, gemeistert, und zwar in Form der sechs Streichquartette, op. 18 und in Form seiner ersten Symphonie, op. 21, obwohl beide Werke erst ein Jahr später veröffentlicht worden seien.  Cooper schliesst seinen Kommentar mit dem Hinweis darauf, dass über Beethoven berichtet wird, er habe einmal behauptet, von Haydn nicht viel gelernt zu haben, dass diese Werke jedoch bewiesen, dass er sehr viel aus Haydns Musik gelernt habe).

Auf unserer Suche nach einer Antwort auf die Frage, wann und wie Beethoven den "symphonischen Faden" wieder aufnahm,  verweisen wir nochmals auf Coopers Bericht zu Beethovens symphonischen Kompositionsversuchen der Jahre 1795 - 1797, denen zufolge er nach seiner Rückkehr nach Wien leider keine Lösung für die Ausarbeitung des letzten Satzes fand.  In bezug auf diese damaligen Versuche kann auch noch erwähnt werden, dass Beethoven dazu vielleicht auch durch Baron van Swieten angeregt worden war (Thayer: 216 - 217).

 



Baron van Swieten
 

Cooper berichtet, dass Beethoven im Spätherbst 1799 sich hauptsächlich auf sein Septett, op. 20, die Variationen zu 'Kind, willst du ruhig schlafen' (WoO75) und die Überwachung des Drucks weiterer Variationen (WoO76) und von drei bereits komponierten Klaviersonaten, nämlich der Pathethique, op. 13, und der zwei Sonaten, op. 14 in E- und G-Dur, konzentrierte, dass aber vermutlich auch ein Skizzenbuch aus dieser Zeit existierte, das seine Entwürfe für das Septett und die Erste Symphonie enthalten haben muss.  Leider sei dieses Skizzenbuch verlorengegangen. (Cooper: 82).

Cooper berichtet weiter, dass das Septett am 20. Dezember 1799 zur Aufführung gelangte.  Am 21. Dezember 1799 soll Josephine von Deym in einem ihrer weniger bekannten Briefe erwähnt haben, dass ihr Bruder Franz dieser Aufführung unter Schuppanzighs Mitwirkung beigewohnt habe 'and was transported by it, especially by a septet composed by Beethoven which must have been the non plus ultra as much for the performance as for the composition' (Cooper: 87; demzufolge soll Franz von Brunsvik von dieser Aufführung sehr beeindruckt gewesen sein, die sowohl von der Komposition und von der Darbietung her das non plus ultra dargestellt haben muss.)

Unmittelbar nach der Fertigstellung des Septetts, berichtet Cooper weiter, habe sich Beethoven wieder seiner C-Dur-Symphonie zugewandt und sei wohl entschlossen gewesen, sie nun ziemlich rasch fertigzukomponieren.  In bezug auf das 'Haupthindernis', nämlich einem noch fehlenden, beeindruckenden Schlußsatz, sollten wir Cooper direkt zu Wort kommen lassen:  

"One of his main problems with the symphony in 1796 - 7--perhaps the chief stumbling-block--had been the finale (see Chapter 5 above), which needed to have sufficient weight to round off the symphony, while retaining the traditional element of tunefulness. Now, from around the end of 1799 (the exact date is uncertain, for no sketches survive from this period), he found the solution: of the ideas sketched already, he must have concluded that by far the best for a finale theme was the one he had already used up in the first movement! Thus he felt obliged to transfer this theme from the first movement to the last, and compose the rest from scratch. With this stroke of genius he overcame the impasse, and his work on the First Symphony then progressed with extraordinary rapidity.

The transfer of this theme from first movement to finale had two further repercussions. Firstly, the finale acquired something of the weightiness customarily associated with the opening movement, thus providing an important step in a shift in symphonic writing towards a more end-orientated structure (a shift that reached its apogee in the Ninth Symphony). Secondly, the rest of the Symphony had to be constructed around a pre-existing finale for the first movement. Thus the rising scale at the start of the finale theme had to be subtly prepared in the preceding movements, in such a way that it seemed a natural outgrowth and culmination of them.

.  .  .   

Beethoven probably wrote the symphony during the winter of 1799 - 1800 in the hope of obtaining a date for a benefit concert the following spring at the Bugtheater or Kärntnertor Theatre (other possible venues were less suitable for various reasons).  Such dates were allocated by the court theatre director Baron Peter von Braun, but were generally reserved for opera except during Holy Week; Beethoven had not managed to obtain one in previous years.  However, he had just dedicated his Sonatas, Op. 14 to the Baron's wife Josephine, and this action must have improved his chances" (Cooper: 87 - 92)

-- Cooper berichtet hier, dass eines der Hauptprobleme seiner symphonischen Arbeit von 1796 - 1797 der Schlußsatz war, der genügend Gewicht erhalten sollte, um die Symphonie abzuschließen, während er auch den traditionellen, melodiösen Charakter beibehalten sollte.  Beethoven fand dann wohl gegen Ende 1799--Cooper wirft ein, dass das genaue Datum nicht bekannt sei, da aus dieser Zeit keine Entwürfe überlebt hätten--die Lösung zu diesem Problem.  Laut Cooper muss Beethoven wohl zu der Überzeugung gelangt sein, dass er das beste Thema für einen Schlußsatz bereits im ersten Satz seiner bisherigen Arbeit eingebaut hatte, so dass er sich entschloss, dieses Thema im Schlußsatz zu verwenden, und den Rest des Werks neu zu komponieren.  Mit diesem Geniestreich habe er sein Hindernis überwunden, und danach habe seine Arbeit an diesem Werk ziemlich rasche Fortschritte gemacht.  Die Verlegung dieses Themas vom ersten Satz in den Schlußsatz habe auch noch zwei weitere Konsequenzen gehabt.  Zum einen habe der Schlußsatz dadurch ein Gewicht erhalten, das traditionellerweise dem ersten Satz zugedacht war, was einen bedeutenden Schritt in der Entwicklung der syphonischen Komposition darstelle, nämlich eine Umkehrung der kompositorischen Struktur der Symphonie von einer erstsatzlastigen Struktur zu einer schlußsatzlastigen Struktur.  Diese Entwicklung hat laut Cooper in Beethovens symphonischer Arbeit in seiner Neunten Symphonie ihren Höhepunkt erfahren.  Zum Anderen hätte der Rest der Symphonie um ein bereits existierendes Finale aus dem ersten Satz komponiert werden müssen.  Daher musste die ansteigende Tonleiter am Anfang des Finales langsam, aber sicher in den ersten drei Sätzen in solch einer Weise vorbereitet werden, dass diese als natürliche Entwicklung daraus hervorging. ...  Beethoven, schreibt Cooper weiter, habe die Symphonie dann wahrscheinlich im Winter 1799 - 1800 geschrieben, und das wohl im Hinblick auf ein Akademiekonzert im Burgtheater oder im Kärtnertortheater im Frühjahr 1800.  Für die Erteilung solcher Konzerterlaubnisse sei Baron Peter von Braun verantwortlich gewesen, und für Instrumentalmusikonzerte hätte nur die Karwoche zur Verfügung gestanden, wenn die Opernaufführungen eingestellt wurden.  Beethoven habe in den vorangegangenen Jahren keinen Veranstaltungstermin erhalten.  Er habe jedoch zu dieser Zeit gerade seine Klaviersonaten, op. 14, Baron von Brauns Gattin Josephine gewidmet, und das habe wohl seine Chancen auf einen Konzerttermin erhöht.)

Bevor wir uns der Aufführungsgeschichte und dem weiteren Schicksal dieser Symphonie zu Beethovens Lebzeiten zuwenden, sollten wir uns vielleicht kurz mit ihrem Aufbau bekannt machen.

 

Erläuterungen zum Aufbau der 1. Symphonie

Dazu ziehen wir folgende Übersicht zu Rat und bringen sie hier in Form einer Zusammenfassung des Texts, in deutscher Sprache:

F.E. Kirby, An Introduction to Western Music.
Bach, Beethoven, Wagner, Stravinsky
,
in bezug auf die Erste Symphonie (S. 203 - 214):

Im Ganzen, schreibt F.E. Kirby, sei diese Symphonie dem symphonischen Stil Haynds und Mozarts sehr ähnlich und sei für ein aus Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern, Trompeten, Pauken und Streichern bestehendes Orchester geschrieben, bestehe aus vier Sätzen, nämlich einem Allegro con brio, dem eine langsame Einleitung vorangestellt sei (Adagio molto), einem Andante cantabile con moto in F-Dur, einem Menuett (Allegro molto e vivace) und einem Trio, beide in C-Dur, und als Finale ein Allegro molto e vivace, dem ein sehr kurzes Adagio vorangestellt sei. 

Kirby führt weiter aus, dass wir im ersten Satz die Sonatenform mit einer ausführlichen, langsamen Einleitung und Coda vorfinden.  In der Durchführung erhalte das Hauptthema große Bedeutung; es sei dreiklangartig aufgebaut, verwende also hauptsächlich Noten, die zum Dreiklang gehören, und es sei auch motivisch, zusammengesetzt aus kurzen und sehr charakteristischen Figuren in denen Rhythmus, Wiederholung und Staccato-Artikulierung eine wichtige Rolle spielten.  Diese beiden Charakteristiken, die des Dreiklangs und die motivische, seien in den Hauptthemen der Instrumentalmusik dieser Zeit sehr oft anzufinden.  Das Thema werde zuerst sanft in C-Dur, dann in d-Moll eingeführt, und zum Schluß in der C-Dur (G-Dur)-Dominante, jedoch hier dann fortissimo und in variierter Form, in welcher sein motivischer Charakter herausgearbeitet sei.  Dies führe direkt zur Modulationspassage oder Brücke, in der drei Themen, Motive oder Ideen eingeführt werden: das erste (Takt 21 - 29), schnell und dreiklangartig mit Alternation zwischen den Violinen und den Holzbläsern (Flöte, Klarinette und Fagott), dann in einer ausgeschmückten Form wiederholt,  das zweite (Takt 29 - 33), das auf dem Hauptthema basiert und nach G-Dur hin moduliert, und das dritte (Takt 33 - 40), die die neue Tonart mit resonierenden Akkorden, begleitet von einer Tonleiterfigur, die zwischen den tiefen Streichern und den Holzbl 8sern alterniert, einführen.  Darauf folge das zweite, sekundäre Thema oder die zweite Themengruppe, die ebenfalls aus drei Elementen und einem Schlußthema bestehe.  Zum Schluß höre man dann wieder das Hauptthema, das die Durchführung abrunde.  

In der Entwicklung arbeite Beethoven hauptsächlich mit dem Hauptthema und einem Teil des zweiten Themas.  Am Anfang höre man beide abwechselnd.  Dann hebe eine Passage an, die von einer Dreiklangfigur bestimmt werde, die mit dem Hauptthema verwandt sei und dann auch in verschiedenen Tonarten vorgestellt werde.  Darauf folge eine Passage, die auf einem Teil des "Brückenthemas" basiere.  Das Hauptthema--oder vielmehr sein charakteristisches Motiv, in punktiertem Rhythmus, erscheine dann wieder und beherrsche den Rest der Entwicklung und erreiche dann allmählich seinen Höhepunkt in e-Moll, zur Wiederholung hin.  Diese beginne, im Gegensatz zur Durchführung, laut.  Das thematische Material der Durchführung werde etwas abgeändert wiederholt, gefolgt von einer kurzen Coda.

Der Satz diene als gutes Beispiel der Sonatenform, wie sie sich gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts entwickelt hatte.  Abwechslung und Kontrast sei in reichem Maß vorhanden.  Jedoch sei das Hauptthema, als Thema in der Haupttonart, auch das dominante Thema:  Sein zentrales Motiv  beherrsche den Satz, und dagegen bilden die anderen Themen den Kontrast.  Zur gleichen Zeit werde jedoch kein Hauptcharakter durchgehalten, und man könne auch nicht sagen, dass ein bestimmtes Gefühl zum Ausdruck komme, es sei denn, man wolle Ausdrücke wie "stark", "aufrichtig", "jovial", "direkt", und so weiter, anwenden. 

Im zweiten Satz, dem F-Dur-Andante (mit einer subdominanten Beziehung zu C-Dur) fänden wir ein weiteres Beispiel der Sonatenform.  Das Hauptthema beginne im Fugenstil, aber die kontrapunktische Imitation werde wieder fallengelassen und mache einer homophonen Textur Platz, nachdem alle Stimmen eingesetzt hätten.  Die Modulationspassage sei eine Fortsetzung des Hauptthemas; es gebe auch zwei Nebenthemen und ein Schlußthema, wobei das letztere durch einen punktiertes Muster des Rhythmus in der Begleitung gekennzeichnet sei.  Die Entwicklung arbeite nur mit dem Aufschlagsmuster aus dem Hauptthema und dem ersten Teil des Nebenthemas, zur Begleitung des punktierten Rhythmus aus dem Schlussteil.  Die dabei zur Anwendung gelangten Tonarten seien c-Moll, Dis-Dur, Es-Dur und dann C-Cur, welche zur Rekapitulation führe.  Das entspräche dem Normalfall, ausgenommen der Tatsache, das die fugenartige Präsentation des Hauptthemas von einer Sechzehntel-Noten-Figuration begleitet werde.  Die Coda basiere auf dem Hauptthema, führe aber gegen das Ende zu den punktierten Rhythmus, der für das Schlussthema charakteristisch sei, ein.  

Der dritte Satz dieser Symphonie besteht, wie in den meisten Symphonien der Zeit, aus einem Menuett, gefolgt von einem zweiten Menuett, Trio genannt, nach dem das erste Menuett wiederholt werde, und somit eine Da-Capo-Struktur darstelle.  Manchmal, wie in dieser Symphonie, seien sowohl das Menuett und das Trio in der selben Tonart gehalten, öfters jedoch seien sie in verschiedenen, aber miteinander verwandten Tonarten gehalten.  Sowohl das Menuett und als auch das Trio seien in der runden, binären Form gehalten, die für den Tanz des 18. Jahrhunderts charakteristisch sei, und daher repräsentieren sie laut Kirby  das augenfälligste Überbleibsel der alten Barocksuite in der neuen Instrumentalmusik.  Hier sei jedoch das binäre Grundschema sehr durch den Ausbau der Rekapitulation des ersten Teils variiert, so dass man die Form, wie sie hier angewandt sei, sich so vorzustellen habe: 

||:  a  :||   ||:  b  a'  :||.

Das eigentliche Menuett sei durch eine schrittweise aufwärtstrebende Linie und ein Staccato, das durch einen Aufschlag mit chromatischen Elementen und und vorantreibenden Rhythmen vorwärtsgestroßen wird, charakterisiert.  Diese Passage beinhalte eine Intensivierung; die Streicher tragen die ansteigende Melodie vorwärts, wodurch sich ein Crescendo entwickelt, dessen Höhepunkt durch die Holzbläser, die Blechinstrumente und die rhythmischen Instrumente verstärkt wird.  Im zweiten Teil des Menuetts sei ein absteigendes Motiv von drei Noten wichtig, wie auch dynamische Kontraste.  Hier zögen die Modulationen durch die B-Tonarten zu Des-Dur; ein sich durch chromatische Harmonien ziehendes und durch unablässige Rhythmen angetriebenes Crescendo führt zur Wiederholung des ersten, nunmehr vergrößerten Teils.  Im Trio erscheinen zwei Hauptelemente:  der wiederholte Akkord in den Holzbläsern und den Hörnern, und die schnellen Tonleiterpassagen in den Violinen.  Thematisch stelle das Trio somit einen starken Kontrast zum eigentlichen Menuett dar.

Der Schlußsatz, schreibt Kirby, sei ebenfalls in Sonatenform gehalten und habe eine kurze Einleitung.  Diese Einleitung sei eine Art musikalischer Scherz im Stil Haydns, da die Melodie in ihr verschiedene, aufeinanderfolgende Tonleiteranläufe macht, angefangen mit G-Dur, wobei sie bei jedem Anlauf mehr Noten aufhäuft, bis schließlich die ganze Melodie erklinge, wonach sie plötzlich schnell gespielt werde und sofort in das Hauptthema des Schlußsatzes einmünde.   Dieses sei nicht so ausdrücklich motivisch, und seine Phrasenstruktur ist im Wiederholungsstil aufgebaut--der erste Teil (Takt 6 - 14) besteht aus einer Viertakt-Periode, die zweimal gespielt wird, der zweite Teil (Takt 14 - 30) besteht aus einer Achttakt-Periode, die zweimal gespielt wird, und zwar zuerst von den Violinen und dann von den Fagotten.  Im ersten Teil sei das harmonische Fortschreiten charakteristisch:  Der Tonika-Dreiklang werde bis zu den letzten zwei Takten ausschließlich eingesetzt, gefolgt von einer Kadenz auf der Dominante (Takt 13 - 14).  Der zweite Teil des Themas  bestehe aus einer absteigenden Serie wiederholter Noten im Staccato-Stil, begleitet von aufsteigenden Tonleiterelementen.  Bei der folgenden thematischen Entwicklung sind die wichtigsten Elemente die aufsteigende Tonleiterpassage des ersten Teils und das Motiv der wiederholten Noten im zweiten Teil.  Die Modulationspassage bestehe auch aus zwei Teilen.  Ein plötzliches Diminuendo führe zum ersten Teil des Nebenthemas, wo das melodische Hauptaugenmerk--eine kurzatmige, melodische Linie mit vielen Pausen--durch die Violinen vertreten sei.  Das Schlußthema sei laut und weise einen schnellen Wechsel zwischen den Streichern und den Bläsern auf und wiederhole dann die rasch ansteigende Tonleiter des Hauptthemas.  Wie bereits angedeutet, sei es das Hauptthema, das in der Entwicklung hauptsächlich ausgearbeitet sei, besonders diese ansteigende Tonleiterfigur, die in Verbindung mit der Figur der wiederholten Noten der zweiten Hälfte des Hauptthemas erscheine; es erscheine auch in seiner regulären Form und in umgekehrter Form, und dann vom Schlußthema begleitet.  Auf das danach einsetzende Modulationsthema folge eine weitere Tonleiterfigur aus dem Hauptthema, die die Rekapitulation einleite.  Eine auf beiden Teilen des Hauptthemas basiernde Coda bilde den Abschluss.  

Somit sei, schreibt Kirby, in dieser Symphonie kein durchgehender Charakter zu erkennen.  Seine Gesamtform hánge vom Kontrast zwischen den verschiedenen Sätzen ab, und aus diesem sorgfältig arrangierten Zusammenspiel verschiedener Elemente ginge die ausgeglichene Einheit des Werks hervor, was als typisch "klassisch-ästhetisch" angesehen werden könne--die "Harmonie" des Wortes als Ganzes--so sei seine Einheit das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener, entgegengesetzter Elemente.  Der gewichtigste Satz sei der erste, und hier sei die Sonatenform mit ihrer thematischen Entwicklung am eindrucksvollsten dargeboten.  Darauf folge der lyrische langsame Satz, gefolgt vom Tanz, einem Menuett, und ein brilliantes, leichtes Finale zur Abrundung des Werks.  Im Allgemeinen, schließt Kirby, stelle dies die Symphonie dar, wie sie sich gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts entwickelt hatte, und bot Beethovens symphonischen Ausgangspunkt. 

Haben Sie den Unterschied in der Bewertung der Gewichtigkeit des ersten und letzten Satzes durch Cooper und Kirby bemerkt?  Hören Sie sich doch hier Midi-Files aller vier Sätze an und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil! (Der "back"-Button Ihres Browsers bringt Sie hierher zurück.)

Classical MIDI Connection
(The Beethoven Connection)

 

Zur Uraufführung der Ersten Symphonie 

Nachdem wir uns nun ein wenig über den Aufbau dieser Symphonie informiert haben und vielleicht auch die Midi-Files der "Beethoven Connection: dazu angehört haben,  sind wir bestimmt bereit, Beethoven zumindest 'im Geist' zur Uraufführung mitzufolgen.  Cooper berichtet, dass ihm Graf Browne den 2. April 1800, einen Mittwoch, dafür im Burgtheater zur Verfügung stellte.  

In bezug auf dieses Konzert, berichtet Thayer, gebe es nur zwei  unmittelbare schriftliche Unterlagen, nämlich die Ankündigung im Programm und eine an die Allgemeine Musikalische Zeitung eingesandte Ankündigung.  Das Programm, das sich später im Besitz der Witwe Carl van Beethovens befand, laute folgendermaßen:  

"To-day, Wednesday, April 2nd, 1800, Herr Ludwig van Beethoven will have the honor to give a grand concert for his benefit in the Royal Imperial Court Theatre beside the Burg.  The pieces which will be performed are the following:

1. A grand symphony by the late Kapellmeister Mozart.

2. An aria from "The Creation" by the Princely Kapellmeister Herr Haydn, sung by Mlle. Saal.

3. A grand Concerto for the pianoforte, played and composed by Herr Ludwig van beethoven.

5. A duet from Haydn's "Creation", sung by Herr and Mlle. Saal.

6. Herr Ludwig van Beethoven will improvise on the pianoforte.

7. A new grand symphony with complete orchestra, composed by Herr Ludwig van Beethoven.

Tickets for boxes and stalls are to be had of Herr van Beethoven at his lodgings in the Tiefen Graben, No. 241, third story, and of the box-keeper.

Prices of admission are as usual.

The beginning is a half-past 6 o'clock" (Thayer: 255).

(Heute, (am) Mittwoch, dem 2. April wird Herr Ludwig van Beethoven die Ehre haben, ein großes Konzert zu seinen Gunsten im Kgl.-Kaiserl. Theater neben der Burg zu geben.  Die Stücke, die gespielt werden, sind die folgenden:   

1. Eine große Symphonie des verstorbenen Kapellmeisters Mozart.

2. Eine Arie aus der "Schöpfung" des Fürstlichen Kapellmeisters, Herrn Haydn, gesungen von Mlle. Saal. 

3. Ein großes Konzert für das Pianoforte, gespielt und komponiert von Herrn  Ludwig van beethoven.

5. Ein Duett aus Haydns "Schöpfung", gesungen von Herrn und Mlle. Saal.

6. Herr Ludwig van Beethoven wird auf dem Pianoforte improvisieren. 

7. Eine neue große Symphonie mit komplettem Orchester, komponiert von Herrn Ludwig van Beethoven.  

Karten für Logen und Separees sind von Herrn van Beethoven in seiner Wohnung im Tiefen Graben Nr. 241, im dritten Stock, und vom Logenverwalter erhältlich. 


Die Eintrittspreise sind wie üblich..

Der Anfang ist um sechs Uhr dreissig" [aus Thayer ins Deutsche zurück übertragen.]) 

Thayer merkt auch an, dass dies Beethovens erstes eigenes Benefizkonzert in Wien war.

 



Das Burgtheater in Wien zu Beethovens Zeiten
 

Der Korrespondent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung beschrieb dieses Konzert wie folgt:  

"Endlich bekam jedoch auch Herr  B e e t h o v e n  das Theater einmal, und dies war wahrlich die interessanteste Akademie seit langer Zeit.  Er spielte ein neues Konzert von seiner Komposition, das sehr viel Schönheiten hat -- besonders die zwey ersten Sätze.  Dann wurde ein Septett von ihm gegeben, das mit sehr viel Geschmack und Empfindung geschrieben ist.  Es phantasirte dann meisterhaft, und am Ende wurde eine Symphonie von seiner Komposition aufgeführt, worin sehr viel Kunst, Neuheit und Reichtum an Ideen war; nur waren die Blasinstrumente gar zu viel angewendet, so daß sie mehr Harmonie, als ganze Orchestermusik war.  Vielleicht können wir  etwas Gutes schaffen, wenn wir von dieser Akademie noch Folgendes Anmerken.  Es zeichnete sich dabey das Orchester der italienischen Oper sehr zu seinem Nachtheile aus.  Erst -- Direktorialstreitigkeiten!  B e e t h o v e n  glaubte mit Recht, die Direktion, nicht Herrn  C o n t i, und niemand besser, als Herrn  W r a n i t z k y anvertrauen zu können.  Unter diesem wollten die Herren nicht spielen.  Die oben gerügten Fehler dieses Orchesters werden sodann hier desto auffallender, da b's Komposition schwer zu exekutiren ist.  Im Akkompagniren nahmen sie sich nicht die Mühe auf den Solospieler acht zu haben; von Delikatesse im Akkompagnement, vom Nachgeben gegen den Gang der Empfindungen des Solospielers u. dgl. war keine Spur.  Im zweyten Theil der Symphonie wurden sie sogar so bequen, daß, alles Taktirens ungeachtet, kein Feuer mehr -- besonders in das Spiel der Blasinstrumente, zu bringen war.  Was hilft bey solchem Benehmen alle GEschicklichhkeit -- die man den meisten Mitgliedern dieser Gesellschaft im mindesten nicht absprechen will?  Welchen bedeutenden Effekt kann da, selbst die vortrefflichste Komposition machen? Wer erfindet und lehrt uns das große Zauberwort, das Konvenienzen, persönliche und andre kleinliche Rücksichten verjagt, und Leben, Geist und Feuer für die Kunst selbst einflößt?  Es kann seyn, daß es an vielen anderen großen Orten nicht besser ist; aber gerade wenn man überlegt, wie viel -- in jeder Rücksicht, wie sehr viel wir hier, in der riechen Kaiserstadt, bey so vil Musikliebe, bey so viel Geschicklichkeit, seyn könnten, wenn wir nur wahrhaftig wollten: so muß es Einem wehe thun, und man kann das Klagen und Wünschen und Beschuldigen derer, die Schuld haben, nicht lassen. --" (Allgemeine Musikalische Zeitschrift, Oktober 1800: 49 - 50).

Welches Klavierkonzert Beethoven gespielt habe, sei nicht klar, berichtet Thayer dazu.  Obwohl Beethovens Kommentare zu dieser Aufführung nicht überliefert sind, können wir uns doch vorstellen, dass er von dieser Darbietung nicht einhellig begeistert gewesen sein kann. 

Das Schicksal des Werks bis zu seiner Veröffentlichung

Sowohl Thayer als auch Cooper weisen darauf hin, dass Beethoven im Laufe des Jahres 1800 die Erste Symphonie noch weiter ausfeilte, wobei Cooper von "significant structural alterations to the second movement" (signifikanten strukturellen Veränderungen des zweiten Satzes) und von einer gründlichen Überarbeitung des Schlußsatzes spricht.   (Thayer: 265, Cooper: 92-93).  

Während Beethoven dem Wiener Musikverleger Mollo das Erste Klavierkonzert, das Klavier- und Bläserquintett, die Hornsonate und die sechs Streichquartette, also seine Werke mit den Opusnummern 15-18, anbot (sie erschienen dort 1801), verhandelte er mit seinem ehemaligen Wiener Kollegen, dem Leipziger Musikverleger Franz Anton Hofmeister, in bezug auf seine Werke opp. 19 -22 und bot ihm diese am 15. Dezember 1800 an:

"Wien, am 15. Dezember [1800]

Geliebtester Hr. Bruder!

Ich habe dero Anfragen schon mehrmalen beantworten wollen, bin aber in der Briefstellerei erschrecklich faul, und da steht's lange an, bis ich einmal statt Noten trockne Buchstaben schreibe; nun habe ich mich endlich einmal bezwungen, Dero Begehren Genüge zu leisten. --

Pro primo ist zu wissen, daß es mir sehr leid ist, [daß} Sie, mein geliebert Hr. Bruder in der Tonkunst, mir nicht eher etwas zu wissen gemacht haben, damit ich Ihnen meine Quartetten hätte zu Markt bringen können, sowie auch viele andere Sachen ... doch wenn der Hr. Bruder ebenso gewissenhaft sind, als manche andre ehrliche Stecher, die uns arme Komponisten zu Tod stechen, so werden Sie schon auch wissen, wenn sie herauskommen, Nutzen davon zu ziehen. -- Ich will in der Kürze also hersetzen, was der Hr. B[ruder] von mir haben können. 1. ein Septett ... 2. eine große Symphonie mit vollständigem Orchester. -- ..." (Schmidt, Beethoven=Briefe:  25),  

und am 15. Januar schreibt Beethoven:

"Wien, am 15ten (oder so etwas dergleichen) Jenner 1801.

Mit vielem Vergnügen, mein geliebtester Hr. Bruder und Freund, habe ich Ihren Brief gelesen, ich danke Ihnen recht herzlich für die gute Meinung, die Sie für mich und meine Werke gefaßt haben, und wünsche es mir recht verdienen zu können; auch dem Herrn K[ühnel] bitte ich meinen pflichtschuldigen Dank für seine gegen mich geäußerte Höflichkeit und Freundschaft abzustatten. --

Ihre Unternehmungen freuen mich ebenfalls und ich wünsche, daß wenn die Werke der Kunst Gewinn schaffen können, dieser doch viel lieber echten wahren Künstlern, als bloßen Krämern zuteil werde.

Daß Sie  S e b a s t i a n  B a c h s  Werke herausgeben wollen, ist etwas, was meinem Herzen, das ganz für die hohe große Kunst dieses Urvaters der Harmonie schlägt, recht wohltut und ich bald in vollem Laufe zu sehen wünsche; ich hoffe von hier aus, sobald wir den goldenen Frieden verkündigt werden hören, selbst manches dazu beizutragen, sobald Sie drauf Pränumeration nehmen. 

Was nun unsere eigentlichen Geschäfte anbelangt, weil Sie es nun so wollen, so sei Ihnen hiermit gedient; für jetzt trage ich Ihnen folgende Sachen an:  Septett ... 20 Duk., Sinfonie 20 Duk., Konzert 10 Duk., große Solosonate Allegro, Adagio, Minuetto, Rondo 20 Duk. ... " (Ludwig van Beethovens sämtliche Briefe: 35-36).

Beethoven war jedoch in der nächsten Zeit einerseits mit seiner Arbeit am Prometheus-Ballett sehr beschäftigt, andererseits auch gesundheitlich nicht ganz auf dem Damm, so dass er Hoffmeisters ungeduldige Anmahnungen am 22. April mit diesen Zeilen beantwortete: 

"Wien, 22. Apr. 1801.

Sie haben Ursache über mich zu klagen, und das nicht wenig.  Meine Entschuldigung besteht darin, daß ich krank war und dabei noch obendrein sehr viel zu tun hatte, so daß es mir kaum möglich war auch nur darauf zu denken, was ich Ihnen zu schicken hatte; dabei ist es vielleicht das einzige Geniemäßige, was an mir ist, daß meine Sachen sich nicht immer in der besten Ordnung befinden und doch niemand imstande ist als ich selbst, da zu helfen.  So z.B. war zu dem Konzerte in der Partitur die Klavierstimme meiner Gewohnheit nach nicht geschrieben, und ich schrieb sie erst jetzt, daher Sie dieselbe wegen Beschleunigung von meiner eigenen, nicht gar zu lesbaren Handschrift erhalten.

Um soviel als möglich die Werke in der gehörigen Ordnung folgen zu lassen, merke ich Ihnen an, daß Sie

            auf die Solosonate  .   .  Op. 22

            auf die Symphonie  .   .   Op. 21

            auf das Septett         .  .   Op. 20

            auf das Konzert        .   .  Op. 19

setzen mögen lassen. Die Titeln werde ich Ihnen nächstens nachschicken. . . .  " (Ludwig van Beethovens sämtlliche Briefe: 38 -39).

Laut Cooper soll Beethoven alle vier Hofmeister angebotenen Werke im April am ihn abgesandt haben, und Hofmeister um baldige Veröffentlichung gebeten haben (Cooper: 105).

Thayer berichtet, dass Beethoven auch im Juni an Hofmeister schrieb:

 



Maximilian Franz
 

"Wien, Juni 1801.

. . .  Hier folgen die längst versprochenen Titel von meinen Werken -- -- -- 

An den Titeln wird noch manches zu ändern oder zu verbessern sein, das überlasse ich Ihnen.  Nächstens erwarte ich von Ihnen ein Schreiben und auch bald nun die Werke, welche ich wünsche gestochen zu sehen, indem andere schon herausgekommen und kommen, welche sich auf diese Nummern beziehen. . . .  " (Ludwig van Beethovens sämltiche Briefe: 44-45).

Thayer berichtet dazu, dass Beethoven das Werk ursprünglich seinem ehemaligen Bonner Brotherrn, Kurfürst Maximilian Franz, widmen wollte, durch dessen schwere Kranheit und seinen Tod in diesem Jahr (am 26. Juli 1801) jedoch auf Baron van Swieten als Widmundsempfänger ausweichen musste (Thayer: 288).

Leser unserer Online-Biografie werden sich daran erinnern, dass Beethoven in diesem Monat, nämlich am 1. Juni (an Carl Friedrich Amenda im Kurland) und am 20. Juni (an Franz Gerhard Wegeler im Rheinland) an seine Freunde schrieb und in diesen Briefen zum erstenmal seinen einsetzenden Gehörverlust erwähnte und beide Freunde bat, diese Mitteilung für sich zu behalten.  

Noch vor dem Erscheinen der Ersten Symphonie schrieb Beethoven seinen zweiten Brief an Wegeler, nämlich im November 1801, in dem er auf seinen sich leicht gebesserten Zustand und auf seine Bekanntschaft mit einem "lieben, zauberischen Mädchen" (vielleicht Giulietta Guicciardi?) hinweist.

Cooper berichtet, dass alle vier Werke im Dezember 1801 bei Hoffmeister & Kühnel in Leipzig erschienen, was von Thayer durch seinen Hinweis, dass die Erste Symphonie noch vor Ende des Jahres 1801 veröffentlicht wurde, bestätigt wird.  

 

Das weitere Schicksal der Symphonie zu Beethovens Lebzeiten

In Wien gelangte die Erste Symphonie bei folgender Gelegenheit wieder zur Aufführung:

"Around the beginning of 1803 Beethoven was appointed as composer at the Theater an der Wien, the main independent theatre in Vienna, where the directorate, led by Emanuel Schikaneder (librettist of The Magic Flute) wanted him to write an opera.  The immediate advantages were that he was able to take rooms at the theatre, along with his brother Carl, and to plan for a benefit concert there.  In 1802, when he had hoped for such a concert at one of the Imperial theatres, Baron Braun had allocated the theatre to other artists, but the Theater an der Wien could be relied on to support its own composers, and Beethoven duly staged his concert on Tuesday 5 April 1803.

Unlike in his 1800 concert all the works were his own:  the First and Second Symphonies, the Third Piano Concerto, and Christus.  All of these except the First Symphony were receiving their first performance" (Cooper:  124).

-- Cooper berichtet hier, dass Beethoven Anfang 1803 als Komponist ans Theater an der Wien berufen wurde, dem wichtigsten unabhängigen Theater in Wien, wo die Theaterleitung, in Emanuel Schikaneders Händen, dem Librettisten der Zauberflöte von ihm eine Oper verlangte.  Zu den unmittelbaren Vorteilen, die sich für Beethoven aus dieser Anstellung ergeben haben sollen, hätten auch die Zimmer gehört, die Beethoven dort mit seinem Bruder Carl bewohnen konnte, und dass er auch ein Benenefizkonzert für sich planen konnte.  1802, als Beethoven gehofft hatte, solch ein Konzert in einem der kaiserlichen Theater zu halten, hatte Baron Braun diese schon an andere Künstler vergeben, aber das Theater an der Wien stand ihm nun für sein Konzert am Dienstag, dem 5. April 1803 zur Verfügung.  Im Gegensatz zu seinem Konzert von 1800 seien alle Werke diesmal seine eigenen gewesen:  Die Erste und Zweite Symphonie, das Dritte Klavierkonzert, und sein Oratorium Christus am Ölberge.  Davon seien alle, ausser der Ersten Symphonie, zum erstenmal aufgeführt worden. --

Dies wird auch durch folgenden kurzen Bericht in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung bestätigt:

"Beethoven und Abt Vogler komponiren jeder eine Oper für das Theater an der Wien. Im Theater wird in der Charwoche eine Kantate von Beethoven zu seinem Benefiz gegeben. Ueber alles dies nächstens" (AMZ, März 1803: 438).

Im April 1803 berichtet die Allgemeine Musikalische Zeitung in Leipzig aus Wien:

"Wien.  Am 29sten März starb Gottfried Baron v. Swieten an einem Kopffieber im 70sten Jahre.  An ihm verliert die Tonkunst einen bedeutenden Mäcen, und die Welt einen bidern und loyalen Mann.  Er war der eigentliche Stifer der aus 24 Mitglieder des ersten Adels bestehenden musikalischen Gesellschaft, welche es sich zur Pflicht machte, den Geschmack an den Werken der grössten Meister zu vertreiten.  Swieten hing an keiner Schule und Sekte, jedes wahre Talent war ihm willkommen, doch waren Händel, Sebastian Bach, Mozart und Haydn seine Lieblinge, mit denen er sich fast täglich beschäftigte.  Möchte hier unter den höheren Ständen bald ein Mann auftreten, der sich der Tonkunst eben so thätig annähme, wie Swieten!" (AMZ April 1803: 476)

Cooper berichtet ferner, dass Beethovens Dritte Symphonie, die Eroica, zusammen mit seiner Ersten Symphonie, im Februar 1804 in Wien eine halb-öffentliche Aufführung erhielten  (Cooper: 148).

Nach dem Erscheinen der Ersten Symphonie in Leipzig bei Hofmeister und Kühnel hat die Symphonie auch andernorts ihre Erfolge feiern können.  So berichtet Thayer, dass das Leipziger Gewandhaus sie sehr bald nach ihrem Erscheinen in ihr Repertoire aufnahm, und dass sie in den Jahren 1801 - 1804 wiederholt in Berlin, Breslau, Frankfurt-am-Main, Dresden, Braunschweig und München zur Aufführung gelangte (Thayer: 361).  

Ferner sollen Beethovens erste drei Symphonien im März 1807 zusammen mit der Coriolan-Ouvertüre, der Vierten Symphonie und dem Vierten Klavierkonzert und Ausschnitten aus Leonore in einer Privataufführung vorgetragen worden sein (Cooper: 165). 

Cooper berichtet, dass Beethoven während seiner Arbeit an seiner 'Hammerklavier'-Sonate (wohl im Jahr 1818) auch mit seinen frühen Arbeiten an seiner Neunten Symphonie begann, jedoch wiederum Schwierigkeiten damit hatte, wie bereits mit seinen frühen Arbeiten an seiner 'Ersten' Symphonie in den Jahren 1795 - 1796' (Cooper: 264).  

Etwa zu dieser Zeit hatte Beethoven auch begonnen, sich mit Hilfe seiner Konversationshefte mit seinen Besuchern zu verständigen. 

Im Zusammenhang mit dem Jahr 1820 berichtet Thayer, dass:  

"Now Herr Gebauer makes the proposal to form a special society of a moderate number to bring to performance only symphonies and choruses excluding all virtuoso music .. and bravura singing. ... In the 18 concerts of the first season (1819/20) were performed Beethoven's first four symphonies" (Thayer: 771, 1820).

-- Thayer berichtet, dass Herr Gebauer den Vorschlag machte, eine kleine Gesellschaft zum Zweck der ausschließlichen Aufführung von Symphonien und Chorwerken (also nicht von sogenannten 'Virtuosen'-Werken und 'Bravura'-Gesangsnummern), und dass in den 18 Konzerten der ersten Saison (1819/20) auch Beethovens erste vier Symphonien aufgeführt wurden. -- 

Als letzte Meldung zum Schicksal der Ersten Symphonie zu Beethovens Lebzeiten weist Thayer auf Simrocks Herausgabe der Partituren von Beehovens Erster bis Dritter Symphonie im Jahr 1822 hin.  (Thayer: 817).

Bevor wir uns der Entstehungsgeschichte der Zweiten Symphonie zuwenden, möchte ich Sie gerne auf eine äußerst lebendige Probe dieser Symphonie durch Raphael Kubelik und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks aufmerksam machen. Dazu bietet die Geschichts- Abteilung der Website dieses Orchesters eine interessante Hörprobe (mittels Real Player).  Benutzen Sie bitte den Back-Button Ihres Browswers, um wieder hierher zurückzukehren:

Zur Hörprobe auf der Website des Symphonieorchesters des
Bayerischen Rundfunks, im Abschnitt zu Raphael Kubelik (Timeline: 1961)

Überleitung zur Geschichte der Zweiten Symphonie

Wie sich Beethovens symphonische Komposition weiterentwickelte, erfahren wir in unserer nachfolgenden Entstehungsgeschichte zur Zweiten Symphonie.


Quellen:

Allgemeine Musikalische Zeitung Leipzig bey Breitkopf und Härtel. Reprint AMSTERDAM. N. Israel - Frits A. M. Knuf. MCMLXIV.

Beethoven-Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Dr. Leopold Schmidt. Berlin: 1922. Volksverband der Bücherfreunde. Wegweiser-Verlag G.m.b.H.

Cooper, Barry. Beethoven. The Master Musicians. New York: 2000. Oxford University Press.

Ludwig van Beethovens sämtliche Briefe. Herausgegeben von Emerich Kastner. Nachdruck der völlig umbearbeiteten und wesentlich vermehrten Neuausgabe von Dr. Julius Knapp. Tutzing: 1975. Verlegt bei Hans Schneider.

Thayer's Life of Beethoven. Revised and Edited by Elliot Forbes. Princeton, New Jersey: 1967. Princeton University Press.



Zur Entstehungsgeshichte der Zweiten Symphonie