Nietzsche und
Beethoven |
![]() Nietzsches Partitur zum "Hymnus an die Freundschaft" |
" Wagner zeigt seine Macht besonders darin, wie er die Widerwilligen unterjocht. Kein begabter Musiker ist mehr, der nicht innerlich auf ihn hinhorchte und ihn hörenswerter finde als die übrige Musik zusammen. Viele, die durchaus etwas bedeuten wollen, ringen geradezu mit diesem sie bewältigenden inneren Reize, aber wo sehe man einen, der jetzt noch sich frei erhalten hätte? - sie werden kleinlicher, suchen schlechte Bundesgenossen und Freunde, schmeicheln der Zeit und verderben so: zumal aber wenn sie die große Form affektieren, sind sie nicht mehr ehrlich, sondern wollen täuschen. Besten Falls sind sie fleißig und lernen das, was in der Musik zu lernen ist: in Vertrauen darauf, daß die "Gebildeten" den schwierigen Unterschied zwischen Original und Kopie, zwischen Erlernbarem und Unlernbarem nicht merken, schaffen sie darauf los. Ihnen allen sei, wenn sie durchaus komponieren wollen, die kleinste Form anempfohlen, etwas was ich mit freiem Ausdrucke das musikalische Epigramm nennen möchte, dafür reicht vielleicht der Witz und die Gestaltungsskraft, und sie können ehrlich sein, dabei kann noch Herrliches entstehn, wie bei den Griechen, die sich auch auf die kleinste Form warfen, als die großen vorweggenommen waren" (Mappe loser Blätter - Sommer 1875: Vorarbeit zu "Richard Wagner in Bayreuth").
Nietzsche schrieb dies, wie im obigen Zitat angedeutet, im Sommer 1875. Aus seiner Empfehlung der kleinen Form an junge Komponisten lässt sich auf seine eigene, intensive Beschäftigung mit der Komposition schliessen. Wie aber verlief seine eigene Entwicklung als Komponist?
Dazu konnten Sie bereits einiges in Helmut Walthers Essay Nietzsche und die Musik lesen. Hier sei dazu hauptsächlich folgende Querverbindung zwischen Beethoven und Nietzsche angemerkt: Beethoven wandte sich zum Abschluss seines Kontrapunktstudiums während Haydns zweiter Englandreise im Jahr 1794 an den Wiener Komponisten Johann Georg Albrechtsberger.
Jener soll später geäussert haben, dass Beethoven, von dessen Begabung er sehr viel hielt, als sein Schüler sich sehr eigenwillig zeigte und alle Fehler aus eigener Erfahrung ausmerzen musste. Jedoch ist hier auch zu bemerken, dass Albrechtsberger Beethovens Schaffen, besonders das seiner zweiten Stilperiode, nicht mehr aufnehmen und schätzen lernen konnte.
Auch Nietzsche wandte sich zur Erlernung der Komposition an Beethovens Kontrapunktlehrer! Ihm standen jedoch nur noch dessen Anleitungen zum Selbststudium zur Verfügung. Hierzu möchte ich gerne zwei "Funde" aus dem deutschen Internet-Antiquariat einblenden:
"ALBRECHTSBERGER, JOHANN GEORG. Sämmtliche Schriften über Generalbaß, Harmonie=Lehre, und Tonkunst; zum Selbstunterrichte ... und einer kurzen Anleitung zum Partitur=Spiel, nebst Beschreibung aller bis jetzt gebräuchlichen Instrumente, vermehrt und herausgegeben von seinem Schüler, Ignaz Ritter von Seyfried. Zweite, sorgfältig revidierte Auflage. Erster [bis dritter] Band. Wien, Haslinger [1837} . . .
Im Anhang Biographie Albrechtsbergers und ein Verzeichnis seiner Schler. Die erste Auflage erschien 1826 bei Strauss in Wien. Innenseite der Ebd. mit Verlagsanzeigen.
- : Anweisung zur Composition mit ausführlichen Exempeln, zum Selbstunterrichte erläutert mit einem Anhange von der Beschaffenheit und Anwendung aller jetzt üblichen musikalischen Instrumente. Lpz., B&H [1818]. . . .
J. G. Albrechtsberger ist vor allem für seine theoretischen Werke und als Lehrer Beethovens bekannt" (Quelle: "http://www.mediaintegration.com/dreiraaben/titel/ Katalog6/Buch.htm", eingesehen am 15. November 2000).
Es ist wohl anzunehmen, dass Nietzsche sich in seinem Selbststudium des zweiten Werkes bediente. Wie er dabei jedoch vorging, ist nicht mit Sicherheit festzustellen.
Wir freuen uns, Ihnen hier anhand eines Hörbeispiels doch einen kleinen Eindruck davon vermitteln zu können, welchen direkten musikalischen Einfluss Beethoven auf Nietzsche ausübte, und zwar mit Einem frühen Allegretto für Klavier (368 KB), das Nietzsche seit 1858 immer wieder bearbeitete, bis es in der Leipziger Zeit seine Schlußfassung fand. Nietzsche verwendet hier Beethovensche Motive, was deutlich, etwa im Anklang an die Mondscheinsonate, zu hören ist. Es spielt Michael Tannenbaum bei einem Vortragskonzert der Ev. Akademie Hofgeismar vom 28.10.2000.
Jedoch erfahren Sie wiederum mehr über seinen Weg als Komponist in einem interessanten Vortrag bzw. Internet- Artikel Helmut Walthers, Nietzsche als Komponist, den Sie mittels dieses Links erreichen können: Nietzsche als Komponist. Dazu wünsche ich Ihnen wiederum sehr viel Lese- und Hörvergnügen und bitte Sie, sich zur Rckkehr zu dieser Seite des "Back"-Buttons Ihres Browsers zu bedienen!
Nietzsche als Musikkritiker
Nachdem wir Nietzsche auf seinem Weg als Komponist begleiten konnten und in Helmut Walthers Artikel wiederum einen Reichtum an Information dazu fanden, bietet sich uns noch eine weitere Entdeckungsreise an: ein Blick auf Nietzsche als Musikkritiker, und zwar wiederum mittels des Links auf der Menüleiste und auch mittels des folgenden Links. Dabei wünschen wir Ihnen viel Lesevergnügen!