Nietzsche und Beethoven




Friedrich Nietzsche

"...es ist das schrecklichste Gegenmittel gegen ungewöhnliche Menschen, sie dergestalt tief in sich hinein zu treiben, dass ihr Wiederherauskommen jedesmal ein vulkanischer Ausbruch wird. Doch giebt es immer wieder einen Halbgott, der es erträgt, unter so schrecklichen Bedingungen zu leben, siegreich zu leben; und wenn ihr seine einsamen Gesänge hören wollt, so hört Beethoven’s Musik" (Friedrich Nietzsche, 3. Unzeitgemäße Betrachtung).


Wovon Nietzsche hier spricht, nämlich das In-Sich-Hineingetrieben-Werden des ungewöhnlichen Menschen, ist wohl zuallererst eine Möglichkeit, mit der dieser bedeutende Denker selbst sehr vertraut gewesen sein mag und bildet daher vielleicht die erste ins Auge stechende Gemeinsamkeit zwischen ihm und Beethoven. Heisst das jedoch, dass nur Menschen einer ähnlich genialen, aussergewöhnlichen Natur dies zuerst an sich selbst wahrnehmen, erleiden und verstehen lernen, und daher auch an ihnen in diesem Punkt Wesensgleichen wahrnehmen und verstehen können? Ist es nicht vielleicht auch möglich, dass auch wir "gewönlichen" Menschen irgendwann in unserem Leben von einer uns umgebenden Mehrheit aus irgendeinem Grund als "ungewöhnlich" eingestuft werden und als Folge dessen in uns selbst hineingetrieben werden? Wenn wir uns zum Einen an ein solches Ereignis erinnern können und dies zum Anderen durchdenken und verstehen lernen, können wir uns beides vorstellen: das In-Uns-Hineingetrieben-Werden und unsere meistenteils zutreffende Zugehörigkeit zur "gewöhnlichen Allgemeinheit", in der auch wir, bewusst oder unbewusst daran teilnehmen, wirklich aussergewönliche Individuen "in sich hineinzutreiben". Vielleicht ist unser eventuelles Bewusstsein der Möglichkeit unserer "Doppelrolle" das Menschlichste, was wir uns von uns selbst in dieser Beziehung erhoffen dürfen!

Dies war bei meinem Nachdenken über das Thema "Beethoven und Nietzsche" die erste Gemeinsamkeit, die ich an diesen beiden Grossen entdeckte und die mich auch als Mitglied der Allgemeinheit sofort in der hier dargelegten Weise ansprach. Ob dies nun aufgrund meiner seit einiger Zeit betriebenen Beschäftigung mit dem ungewöhnlichen Menschen Beethoven auf diese medienbezogene Weise geschah oder aber auch aufgrund meiner "Vorkonditionierung" durch mein häufiges Lesen von Thomas Manns Roman "Doktor Faustus", kann ich selbst nicht eindeutig feststellen. Was ich jedoch feststellen kann ist, dass ich, wie ich im "Zukunftshinweis" dieser Website bekannte, in der Behandlung von Literatur und Musik auch von Werken wie Thomas Manns "Doktor Faustus" ausgehe, dessen Thematik mich wiederum sehr intensiv dazu anregte, einen Vergleich zwischen Beethoven und Nietzsche zu versuchen. Dies erwuchs aus Manns Wahl seines Helden, des ebenfalls genialen, einsamen Tonsetzers Adrian Leverkühn, der eindeutige Charakter- und Schicksalszüge des bedeutenden Philosophen trägt, und aus der seinem Helden zugedachten Rolle des revolutionären Erneuerers der westlichen Musik, die im 19. Jahrhundert dem Einfluss Beethovens unterlag und am Anfang des 20. Jahrhunderts unweigerlich neue Wege suchen musste.

Wie kommt nun ein Schriftsteller wie Thomas Mann dazu, "seinem" fiktiven, genialen und bahnbrechenden Komponisten Charakter- und Schicksalszüge Nietzsches zu verleihen? Obwohl wir diese schwierige Frage hier nicht eindeutig beantworten können, lässt sich doch vermuten, dass dieser dazu "herangezogene" Philosoph selbst sehr musikalisch gewesen sein muss! Sollte ich mich jedoch damit abfinden, Manns fiktive Darstellung als "bare Münze" hinzunehmen, oder sollte ich, wissbegierig und auf eigene Erkundung eingestellt wie ich nun einmal bin, dieser Frage selbst nachzugehen versuchen? Diese Präsentation liefert wohl als Antwort darauf ein eindeutiges "Ja"!

Was mich im Zusatz zur Erkundung der Frage ob und in welchem Mass Nietzsche selbst musikalisch gewesen sein mag, am meisten faszinierte, war das verbindende Element zwischen Beethoven und Nietzsche, die Musik an sich, aber auch die Dynamik des Themas, nämlich das Interesse des musikalisch hochbegabten Philosophen an der Musik im Vergleich zum Interesse des lebendigen Geistes Beethovens an Literatur und Philosophie.

Während ich Sie in meiner Präsentation dieses Themas erst noch ein wenig damit auf die Folter spannen muss, "wie" denn nun auch Nietzsche dazu kam, sich mit Musik zu beschäftigen, stelle mich auch sofort auf Ihre Seite als Fragenstellerin und hoffe, dass Ihnen diese Präsentation des Themas mindestens genausoviel Lese- und Hörfreude bereitet, wie ich bei der Zusammenstellung hatte. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass diese Präsentation mindestens genausoviele neue Fragen aufwerfen wird, wie wir vielleicht Antworten in ihr finden werden!

Die Menüleiste auf der linken Seite führt sie in chronologischer Reihenfolge durch die Präsentation, jedoch bieten wir Ihnen auch hier gerne einen weiterführenden Link. Die folgende Seite soll uns Gelegenheit geben, einen Überblick über die Einflüsse auf beider Zeitalter zu gewinnen. Viel Vergnügen damit!

Nietzsche und Beethoven:
Zeittafel zum Thema